Zeiterfassung
Definition und Zweck der Zeiterfassung
Zeiterfassung bezeichnet die systematische Erfassung und Dokumentation der Arbeitszeit von Mitarbeitenden in Organisationen, einschließlich Kanzleien. Ziel der Zeiterfassung ist es, Beginn, Ende und Dauer von Arbeits- und Projektzeiten zu erfassen und zu dokumentieren. Dadurch wird eine transparente und nachvollziehbare Grundlage für die Abrechnung von Leistungen, die interne Steuerung von Arbeitsabläufen sowie die Einhaltung gesetzlicher und unternehmensinterner Vorgaben geschaffen.
Rolle der Zeiterfassung in der Arbeitsorganisation von Kanzleien
Typische Einsatzfelder
In Kanzleien kommt Zeiterfassung vor allem in folgenden Bereichen zum Einsatz:
- Projekt- und Mandatsabrechnung: Stunden werden einzelnen Mandaten oder Projekten zugeordnet, um eine genaue Abrechnung gegenüber Mandanten zu ermöglichen.
- Ressourcenmanagement: Die systematische Erfassung unterstützt die Planung und Verteilung von Aufgaben und Kapazitäten im Team.
- Transparenz der Arbeitszeiten: Zeiterfassung dient als Nachweis für geleistete Arbeitsstunden und erleichtert die Einhaltung von Arbeitszeitvorgaben.
Funktionen und Methoden
Typische Methoden der Zeiterfassung in Kanzleien sind:
- Manuelle Erfassung: Mitarbeitende tragen Beginn, Ende und Tätigkeitsbeschreibung selbstständig in Formulare oder elektronische Systeme ein.
- Digitale Zeiterfassung: Spezielle Softwarelösungen ermöglichen die minutengenaue Erfassung, Zuordnung und Auswertung von Arbeitszeiten.
- Automatisierte Prozesse: Moderne Systeme bieten Funktionen wie Erinnerungen zur Arbeitszeiterfassung oder Schnittstellen zu Abrechnungssystemen.
Rahmenbedingungen und Standards
Technische Voraussetzungen
Für die Zeiterfassung werden oft digitale Lösungen eingesetzt. Diese können einfach strukturierte Tabellen, spezialisierte Software oder cloudbasierte Systeme umfassen. Datenschutz und Datensicherheit sind dabei wichtige Rahmenbedingungen. Die eingesetzten Systeme müssen insbesondere die Vertraulichkeit der Daten und die Nachvollziehbarkeit einzelner Buchungen gewährleisten.
Organisatorische Abläufe
Zu den organisatorischen Standards gehört die Festlegung, wann und in welcher Form Zeiten zu erfassen sind (z. B. direkt nach Abschluss einer Tätigkeit oder am Tagesende). Regelmäßige Überprüfungen und Auswertungen stellen sicher, dass die dokumentierten Zeiten korrekt und vollständig sind. In vielen Kanzleien werden Mitarbeitende durch interne Richtlinien zur Zeiterfassung angeleitet.
Gesetzliche Vorgaben
Die Zeiterfassung unterliegt teilweise gesetzlichen Anforderungen, etwa aus dem Arbeitszeitgesetz. Diese betreffen beispielsweise die maximale werktägliche Arbeitszeit, Pausenregelungen und Mindestruhezeiten.
Auswirkungen auf Zusammenarbeit, Effizienz und Kommunikation
Zeiterfassung fördert die Transparenz im Team, da erfasste Zeiten nachvollziehbar und überprüfbar sind. Sie schafft eine objektive Basis für die Planung und Verteilung von Aufgaben und ermöglicht einen fairen Vergleich der Arbeitsbelastung. Dies kann die Zusammenarbeit fördern und Fehlerquellen in der Abstimmung reduzieren.
Darüber hinaus steigert die strukturierte Erfassung die Effizienz, da sie Leerlaufzeiten, Überstunden oder Engpässe frühzeitig sichtbar macht. Für die Kommunikation mit Mandanten bildet die Zeiterfassung die Grundlage einer transparenten Leistungsabrechnung.
Chancen und Herausforderungen in der praktischen Anwendung
Chancen
- Effiziente Ressourcennutzung: Besserer Überblick über Auslastung und Aufgabenverteilung.
- Transparenz: Nachvollziehbare Zuordnung von Stunden zu einzelnen Projekten oder Mandaten.
- Standardisierte Abrechnung: Schnelle und verlässliche Erstellung von Rechnungen auf Basis erfasster Zeiten.
- Qualitätsmanagement: Identifikation von Verbesserungsmöglichkeiten im Arbeitsablauf.
Herausforderungen
- Aufwand der Erfassung: Detaillierte Zeiterfassung kann als zusätzlicher Arbeitsaufwand empfunden werden.
- Akzeptanz: Die Einführung neuer Systeme erfordert Schulungen und kann auf Widerstände im Team stoßen.
- Fehlende Genauigkeit: Unvollständige oder verspätete Eintragungen beeinflussen die Aussagekraft der erfassten Daten.
Praxisnahe Beispiele für die Nutzung im Kanzleialltag
- Tägliche Zeiterfassung: Mitarbeitende erfassen nach Abschluss jeder Tätigkeit (z. B. Erstellung von Schriftsätzen, Recherche, Mandantengespräch) die jeweils aufgewendete Zeit in einer digitalen Anwendung.
- Projektbezogene Auswertung: Monatlich werden die für ein bestimmtes Projekt angesammelten Arbeitszeiten ausgewertet, um Überstunden oder Engpässe zu erkennen und weitere Aufgaben zu planen.
- Rechnungsstellung: Am Monatsende werden mit Hilfe der Zeiterfassungsdaten einzelne Positionen transparent und nachvollziehbar dem jeweiligen Mandat in Rechnung gestellt.
- Arbeitszeitkontrolle: Die Zeiterfassung wird genutzt, um die Einhaltung der gesetzlichen Pausen- und Höchstarbeitszeiten sicherzustellen und Überstunden frühzeitig zu erkennen.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was ist der Unterschied zwischen Zeiterfassung und Stundenerfassung?
Zeiterfassung ist der übergeordnete Begriff und umfasst alle Methoden der Zeitdokumentation, während Stundenerfassung häufig speziell die Aufzeichnung der tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden bezeichnet.
Warum ist Zeiterfassung in Kanzleien besonders wichtig?
In Kanzleien ist die genaue Zuordnung der Arbeitszeit zu einzelnen Projekten oder Mandaten Grundlage für die Abrechnung von Leistungen und zugleich ein wichtiges Instrument zur Steuerung von Kapazitäten und Aufgaben.
Was muss bei der Nutzung digitaler Systeme beachtet werden?
Neben Benutzerfreundlichkeit und Effizienz der Software sollten Datenschutz, Datensicherheit und die Einhaltung organisatorischer Vorgaben gewährleistet sein.
Ist Zeiterfassung verpflichtend?
Die Verpflichtung zur Zeiterfassung hängt von gesetzlichen Vorgaben und internen Richtlinien ab. Viele Kanzleien fordern eine lückenlose Erfassung aus Gründen der Transparenz und zur Sicherstellung der Abrechenbarkeit.
Wie oft sollten Zeiten erfasst werden?
Empfohlen wird die zeitnahe Erfassung – idealerweise direkt im Anschluss an jede Tätigkeit oder spätestens am Ende des Arbeitstages -, um die Genauigkeit sicherzustellen.
Häufig gestellte Fragen
Welche gesetzlichen Vorgaben gelten für die Zeiterfassung in Deutschland?
Die gesetzlichen Vorgaben zur Zeiterfassung in Deutschland basieren insbesondere auf dem Arbeitszeitgesetz (ArbZG) sowie arbeitsrechtlichen und datenschutzrechtlichen Vorschriften. Gemäß § 16 Abs. 2 ArbZG sind Arbeitgeber verpflichtet, die über die werktägliche Arbeitszeit hinausgehende Arbeitszeit – insbesondere Überstunden – aufzuzeichnen und diese Unterlagen mindestens zwei Jahre aufzubewahren. Durch das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 14. Mai 2019 und das darauffolgende Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 13. September 2022 besteht die Pflicht zur systematischen und objektiven Zeiterfassung grundsätzlich für sämtliche Arbeitszeiten, nicht mehr nur für Überstunden. Dadurch sind Arbeitgeber in Deutschland seitdem verpflichtet, Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit ihrer Arbeitnehmer lückenlos zu dokumentieren. Für Verstöße gegen die Dokumentationspflichten sieht das Arbeitszeitgesetz Bußgelder vor. Noch ist die abschließende nationale Gesetzgebung offen, es wird jedoch erwartet, dass Unternehmen die umfassende elektronische Zeiterfassung spätestens nach der Gesetzesänderung verpflichtend umsetzen müssen.
Welche Strafen drohen bei Verstößen gegen die Zeiterfassungspflicht?
Bei Missachtung der gesetzlichen Zeiterfassungspflicht können verschiedene Sanktionen drohen. Das Arbeitszeitgesetz sieht in § 22 Bußgelder von bis zu 30.000 Euro vor, wenn vorgeschriebene Arbeitszeiten nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig aufgezeichnet werden. Bei wiederholten und vorsätzlichen Verstößen können die Behörden bei besonders schwerwiegenden Fällen sogar den Betrieb zeitweise schließen. Zusätzlich können Verstöße zivilrechtliche Konsequenzen haben, etwa Schadensersatzforderungen durch Arbeitnehmer, falls nachweislich ein finanzieller Schaden durch fehlende Zeiterfassung entsteht. Auch die Nachzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen kann angeordnet werden, wenn durch mangelhafte Erfassung Schwarzarbeit oder Scheinselbstständigkeit verschleiert wird. Abschließend besteht das Risiko, dass Verstöße gegen datenschutzrechtliche Anforderungen der Zeiterfassung zur Einleitung eines Bußgeldverfahrens nach der DSGVO führen.
In welchem Umfang müssen Arbeitszeiten dokumentiert werden?
Die Pflicht zur Zeiterfassung erstreckt sich nach derzeitiger Rechtslage auf Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit jedes Arbeitnehmers. Pausen und Ruhezeiten sind gemäß § 4 ArbZG ebenfalls zu dokumentieren, da auch sie für die Einhaltung der gesetzlichen Höchstarbeitszeit relevant sind. Das bedeutet, dass nicht nur Überstunden, sondern sämtliche Arbeitszeiten inklusive tatsächlicher Pausen systematisch und fehlerfrei nachvollziehbar erhoben werden müssen. Die Dokumentationspflicht gilt unabhängig von Branche und Betriebsgröße, sofern keine expliziten Ausnahmen greifen, etwa im Bereich der Vertrauensarbeitszeit – wobei nach der aktuellen Rechtsprechung auch dort eine objektive Zeiterfassung zu implementieren ist. Die Aufbewahrungsfrist für Zeitaufzeichnungen beträgt in der Regel zwei Jahre.
Welche Akteure dürfen Arbeitszeitdaten erfassen und einsehen?
Rechtlich ist klar geregelt, dass die Arbeitszeiterfassung grundsätzlich durch den Arbeitgeber verantwortet wird, wobei die Erfassung auch delegiert werden kann – etwa durch Führungskräfte, Personalabteilungen oder durch den Arbeitnehmer selbst (z. B. mittels elektronischer Systeme oder Stundenzettel). Die Einsicht und Verarbeitung der Daten unterliegt jedoch strengen datenschutzrechtlichen Prinzipien nach der DSGVO: Nur die zur Personalabrechnung und Überwachung der Arbeitszeit erforderlichen Personen (i.d.R. Vorgesetzte, Personalabteilung, ggf. betriebsärztlicher Dienst) haben einen Zugriff auf die Daten, sofern kein privates Interesse des Arbeitnehmers betroffen ist. Die Verarbeitung und Aufbewahrung der Arbeitszeiten müssen zudem hinreichend gegen unbefugten Zugriff geschützt werden. Betriebsräte haben im Rahmen ihrer Mitbestimmungsrechte nach § 87 Abs. 1 BetrVG ebenfalls Einblicksrechte, insbesondere bei der Einführung oder Änderung von Zeiterfassungssystemen.
Müssen Zeiterfassungssysteme bestimmte technische Anforderungen erfüllen?
Der Gesetzgeber fordert keine konkrete Form der Zeiterfassung, erlaubt sind elektronische Systeme (z.B. Zeiterfassungssoftware, Stempeluhren, Apps), aber auch handschriftliche Dokumentationen. Entscheidend ist die Objektivität, Manipulationssicherheit und Nachvollziehbarkeit der Eintragungen. Das Zeiterfassungssystem muss also sicherstellen, dass Arbeitszeiten korrekt, aktuell und unveränderlich protokolliert werden; nachträgliche Änderungen müssen dokumentiert und begründet werden (z.B. durch Protokollnotizen). Im Rahmen des Datenschutzes ist sicherzustellen, dass die Datenspeicherung und -verarbeitung den Vorgaben der DSGVO entsprechen, d.h. durch technische und organisatorische Maßnahmen ausreichend vor Missbrauch geschützt sind und die Daten nur so lange wie erforderlich aufbewahrt werden.
Wie ist die Zeiterfassung im Homeoffice oder bei mobiler Arbeit rechtlich zu handhaben?
Aus rechtlicher Sicht besteht hinsichtlich der Zeiterfassung im Homeoffice oder bei mobiler Arbeit kein Unterschied zur Arbeit im Betrieb: Die Arbeitszeit muss ebenso systematisch, lückenlos und zuverlässig dokumentiert werden. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, geeignete Maßnahmen zu treffen, um auch bei ortsunabhängiger Arbeitsausführung die Einhaltung der gesetzlichen Arbeitszeitregelungen kontrollieren und sicherstellen zu können. Digitale Zeiterfassungssysteme, die per App oder Online-Portal zugänglich sind, werden hierfür bevorzugt genutzt. Die Verantwortung für die korrekte Erfassung liegt weiterhin beim Arbeitgeber, auch wenn die technische Umsetzung den Mitarbeitern überlassen wird. Eine stichprobenartige Kontrolle der Einträge kann sinnvoll sein, ist jedoch unter Beachtung datenschutzrechtlicher Vorgaben durchzuführen.
Welche Rolle spielt der Datenschutz bei der Zeiterfassung?
Der Umgang mit personenbezogenen Daten im Rahmen der Arbeitszeiterfassung ist streng an die Regelungen der DSGVO gebunden. Arbeitgeber müssen sicherstellen, dass die Erhebung, Verarbeitung und Speicherung der Arbeitszeitdaten nur für klar definierte, legitime Zwecke (z.B. Arbeitszeiterfassung, Lohnabrechnung, Erfüllung gesetzlicher Pflichten) erfolgt. Transparenz ist geboten: Alle betroffenen Arbeitnehmer sind über den Zweck, Inhalt und Umfang der Zeiterfassung sowie die Dauer der Aufbewahrung und etwaige Empfänger der Daten zu informieren. Die Aufbewahrung darf nur so lange erfolgen, wie sie für die genannten Zwecke erforderlich ist, in der Regel mindestens zwei Jahre. Es sind technische und organisatorische Maßnahmen zum Datenschutz zu ergreifen (z. B. Zugriffs- und Zugriffsschutz, Verschlüsselung, regelmäßige Löschung). Verstöße gegen den Datenschutz können zu hohen Bußgeldern führen.