Legal Lexikon

Wiederholungsversuch im Examen


Begriff und Grundlagen des Wiederholungsversuchs im Examen

Der Wiederholungsversuch im Examen bezeichnet im Rechtssystem die Möglichkeit, eine Abschlussprüfung, die nicht bestanden wurde, erneut abzulegen. Der Begriff findet insbesondere im Kontext von universitären Staatsexamina, beispielsweise dem ersten und zweiten Staatsexamen in den Studiengängen der Rechtswissenschaften, Anwendung. Der Wiederholungsversuch ist ein wesentliches Element des Prüfungsrechts und soll die Chancengleichheit sowie die Möglichkeit des Nachholens bei Nichtbestehen sichern.

Dieser Artikel beleuchtet umfassend die rechtlichen Rahmenbedingungen, die Voraussetzungen und die Konsequenzen eines Wiederholungsversuchs im Examen. Ferner werden die unterschiedlichen Regelungen auf Landes- und Bundesebene sowie die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung dargestellt.


Rechtliche Grundlagen

Gesetzliche Regelungen

Die gesetzlichen Regelungen zum Wiederholungsversuch im Examen ergeben sich aus verschiedenen Prüfungs- und Hochschulgesetzen der Länder und Bundeseinrichtungen. So finden sich im Deutschen Richtergesetz (DRiG) zwangsläufige Vorgaben für das juristische Staatsexamen. Die Ausführungen werden durch Landesgesetze ergänzend geregelt, etwa die Juristenausbildungsgesetze (JAG) der Bundesländer.

Prüfungsordnungen

Neben den Gesetzen geben Prüfungsordnungen der jeweiligen Prüfungsämter detailreiche Bestimmungen zum Ablauf und zu den Bedingungen des Wiederholungsversuchs vor. Wichtige Punkte sind hierbei:

  • Zahl der zulässigen Wiederholungsversuche
  • Vorgaben zu Fristen und Anmeldeverfahren
  • Regelungen zu Täuschungsversuchen und Rücktritt
  • Sonderregelungen bei besonderen Gründen (z.B. Krankheit, Mutterschutz)

Beispiel: Juristische Staatsprüfungen

Für die juristischen Prüfungen sieht § 22 DRiG vor, dass ein nicht bestandenes Examen einmal wiederholt werden darf. Die genaue Ausgestaltung obliegt den Bundesländern.


Voraussetzungen des Wiederholungsversuchs

Nichtbestehen der Prüfung

Grundvoraussetzung für einen Wiederholungsversuch ist das endgültige Nichtbestehen der Prüfung. Ein bloß „schlechtes“ Ergebnis, das jedoch als bestanden gewertet wird, berechtigt nicht zum Wiederholungsversuch im herkömmlichen Sinne.

Anzahl der Wiederholungsmöglichkeiten

Je nach Prüfungsordnung variiert die Anzahl der gestatteten Wiederholungen:

  • Regulärer Wiederholungsversuch: Häufig ist genau ein Versuch zulässig.
  • Zweiter Wiederholungsversuch (sog. „zweiter Wiederholungsversuch“ oder „dritte Prüfungschance“)

– Dieser wird meist als „Härtefallregelung“ oder bei besonderen Ausnahmegründen ermöglicht.

Wartefristen und Fristsetzungen

Prüfungsordnungen setzen Fristen, bis wann der Wiederholungsversuch anzutreten ist. Nichtbeachtung kann zum endgültigen Ausschluss von der weiteren Prüfung führen.

Voraussetzungen für Härtefallregelungen

Ein zusätzlicher Wiederholungsversuch über die regulären Möglichkeiten hinaus setzt in der Regel das Vorliegen besonderer, nachzuweisender Gründe voraus. Diese Gründe können beispielsweise sein:

  • Schwere Krankheit
  • Schwangerschaft oder Mutterschutz
  • Unvorhersehbare Ereignisse von erheblicher Tragweite

Ein Anspruch besteht nur bei Erfüllung der Kriterien der jeweiligen Prüfungsordnung.


Ablauf und Rechtsfolgen des Wiederholungsversuchs

Antragstellung und Verfahrensschritte

Der Antrag auf einen Wiederholungsversuch ist beim zuständigen Prüfungsamt zu stellen. Er ist innerhalb der festgelegten Frist einzureichen und unterliegt einer formalen Prüfung durch die Behörde. Häufig sind Nachweise beizufügen, insbesondere bei einem Antrag auf eine weitere Wiederholung im Härtefall.

Durchführung des Wiederholungsversuchs

Der Wiederholungsversuch folgt dem Muster der Erstprüfung. Ein Unterschied besteht darin, dass es in bestimmten Fällen keine Möglichkeit mehr gibt, eine fehlgeschlagene Wiederholungsprüfung erneut zu wiederholen („endgültiges Nichtbestehen“).

Folgen des endgültigen Nichtbestehens

Das endgültige Nichtbestehen nach dem Wiederholungsversuch führt zum Verlust des Prüfungsanspruchs und der Berechtigung zur Berufsausübung, soweit die Zulassung vom Bestehen der Prüfung abhängt (z.B. keine Zulassung zum Vorbereitungsdienst).


Sonderregelungen und Besonderheiten

Freiversuch und Verbesserungsmöglichkeiten

Viele Prüfungsordnungen sehen einen sogenannten Freiversuch vor, der das Ablegen der Prüfung bereits vor Ablauf der Regelstudienzeit ermöglicht. Ein nicht bestandenes Examen im Freiversuch gilt häufig nicht als Fehlversuch. Ebenso gibt es mitunter Verbesserungsmöglichkeiten, wenn die Prüfung zwar bestanden, aber nicht das gewünschte Ergebnis erzielt wurde.

Mögliche Sonderfälle

  • Rücktritt vor Prüfungsbeginn: Erfolgt vor Prüfungsantritt ein Rücktritt aus wichtigen Gründen, gilt die Prüfung in der Regel als nicht unternommen; der Anspruch auf den Wiederholungsversuch bleibt erhalten.
  • Täuschung und Ordnungsverstoß: Bei nachgewiesener Täuschung kann ein Prüfungsversuch unabhängig vom Ergebnis als nicht bestanden gewertet werden und der Anspruch auf einen Wiederholungsversuch kann entfallen.

Verwaltungsrechtliche Aspekte und Rechtsschutz

Rechtsschutz gegen Prüfungsentscheidungen

Prüflinge können gegen ablehnende Bescheide hinsichtlich des Wiederholungsversuchs Rechtsmittel einlegen. Häufig kommt ein Widerspruchsverfahren in Betracht, gegebenenfalls anschließend eine Klage vor den Verwaltungsgerichten.

Rechtsprechung

Die Gerichte überprüfen insbesondere:

  • Die Einhaltung der Grundsätze der Chancengleichheit
  • Die Rechtmäßigkeit der Ablehnung des Wiederholungsversuchs
  • Die Beachtung von Fristen und Formalien

Kern der Rechtsprechung bilden Fragen nach Verhältnismäßigkeit sowie der Gleichbehandlung und dem Vertrauensschutz im Prüfungswesen.


Bedeutung des Wiederholungsversuchs im Gesamtkontext des Prüfungsrechts

Der Wiederholungsversuch im Examen ist zentral für das Gleichbehandlungsgebot und die Durchlässigkeit akademischer Qualifikationsprozesse. Die Regelungen bieten einerseits einen Schutzmechanismus gegen die Endgültigkeit von Einzelfehlleistungen, andererseits begrenzen sie auch die Anzahl der Prüfungsanläufe, um die Aussagekraft des Examens sowie die Leistungsfähigkeit des Ausbildungs- und Prüfungswesens zu wahren.

Insgesamt ist der Wiederholungsversuch ein geprüfter, aber auch begrenzter Bestandteil der Prüfungsordnung, dessen rechtliche Ausgestaltung zum Schutz von Prüfling und Prüfungsinstitution gleichermaßen beiträgt.


Literatur und weiterführende Vorschriften

  • Deutsches Richtergesetz (DRiG)
  • Juristenausbildungsgesetze (JAG) der Bundesländer
  • Prüfungsordnungen der Hochschulen und Landesjustizprüfungsämter
  • Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO)
  • Kommentierungen zu einschlägigen Gesetzen und Verordnungen

Der Wiederholungsversuch im Examen unterliegt umfassenden und differenzierten gesetzlichen Regelungen. Seine Ausgestaltung ist entscheidend für die Fairness und Leistungsfähigkeit des Prüfungssystems. Für Prüflinge empfiehlt es sich, neben den gesetzlichen Bestimmungen auch die weiterführenden Hinweise und berufsbezogenen Regelungen eingehend zu berücksichtigen.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen für einen Wiederholungsversuch im Examen erfüllt sein?

Die Voraussetzungen für einen Wiederholungsversuch im Examen sind rechtlich streng geregelt und können sich je nach Prüfungsordnung und Bundes- beziehungsweise Landesrecht unterscheiden. In der Regel muss zunächst feststehen, dass das Examen im ersten Versuch endgültig nicht bestanden wurde. Dabei ist zu beachten, dass zwischen einem regulären Nichtbestehen und einer sogenannten Täuschung oder einem Rücktritt differenziert wird, da Letzteres häufig keinen Wiederholungsversuch eröffnet. Weiterhin ist regelmäßig ein formaler Antrag auf Zulassung zum Wiederholungsversuch zu stellen, dessen Frist in der einschlägigen Prüfungsordnung geregelt ist. Teilweise ist eine Mindestwartezeit einzuhalten oder nachzuweisen, dass eine Prüfungsvorbereitung im Wiederholungszeitraum erfolgt ist. In einigen Fällen kann auch ein individuelles Beratungsgespräch verpflichtend sein, bevor der Antrag angenommen wird. Zudem dürfen keine Täuschungsversuche oder schwerwiegenden Ordnungsverstöße im Erstversuch nachgewiesen worden sein, die zu einem endgültigen Ausschluss von weiteren Prüfungen führen könnten.

Welche Fristen sind für die Beantragung des Wiederholungsversuchs zu beachten?

Die maßgebliche Frist zur Beantragung eines Wiederholungsversuchs ergibt sich aus der jeweiligen Prüfungsordnung der Hochschule oder der Prüfungsstelle. Typischerweise beginnt die Frist mit Bekanntgabe des endgültigen Nichtbestehens und beträgt zwischen zwei Wochen und sechs Monaten. Bei einigen Prüfungsämtern muss der Antrag sogar innerhalb weniger Tage nach dem offiziellen Bescheid gestellt werden. Versäumt der Prüfling diese Frist, entfällt meist unwiderruflich das Recht auf einen Wiederholungsversuch. In Ausnahmefällen, etwa bei unverschuldetem Fristversäumnis (bspw. nachgewiesene Krankheit), kann ein Nachholantrag gestellt werden; hierfür sind jedoch stichhaltige Nachweise vorzulegen und die Kulanz liegt im Ermessen der Prüfungsbehörde.

Gibt es eine Beschränkung der Anzahl der möglichen Wiederholungsversuche im Examen?

Die Anzahl der zulässigen Wiederholungsversuche ist im Rahmen der Prüfungsordnung geregelt und variiert je nach Fachrichtung und Gerichtsbarkeit. Zumeist ist im juristischen Bereich im Staatsexamen ein einmaliger Wiederholungsversuch vorgesehen. In anderen Fachrichtungen, wie beispielsweise in medizinischen Examina, sind mitunter bis zu zwei Wiederholungsversuche möglich. In einigen wenigen Ausnahmefällen kann ein weiterer, sogenannter Härtefallversuch beantragt werden, dessen Bewilligung jedoch an sehr strenge Voraussetzungen geknüpft ist. Eine unbegrenzte Zahl an Wiederholungsversuchen ist im Examen grundsätzlich nicht vorgesehen, da mit der Anzahl der Versuche auch die Qualität und Integrität des Abschlusses gewährleistet bleiben soll.

Unter welchen Umständen kann ein sogenannter „Freiversuch“ rechtlich beansprucht werden und wie wirkt sich dieser auf den Wiederholungsversuch aus?

Ein Freiversuch ist ein Versuch, das Examen ohne Anrechnung als regulären Versuch abzulegen, sofern dieser nicht bestanden wird. Die rechtlichen Regelungen hierzu finden sich insbesondere im juristischen Bereich, beispielsweise im Juristenausbildungsgesetz der Länder. Grundlage für den Freiversuch ist meist eine Bewerbung zum Examen innerhalb einer festgelegten Frist nach Studienbeginn ohne Überschreitung gewisser Freiversuchsgrenzen (z. B. maximal Regelstudienzeit plus ein Semester). Wird der Freiversuch nicht bestanden, gilt das Examen nicht als endgültig nicht bestanden und der Prüfling behält den Anspruch auf einen regulären Erst- und einen etwaigen zweiten Wiederholungsversuch. Das Bestehen des Exams im Freiversuch zählt voll, ein Rücktritt oder eine Nichtteilnahme wird in der Regel als Nichtantritt gewertet, womit der Freiversuch als verbraucht gilt.

Welche rechtlichen Folgen hat ein endgültig nicht bestandenes Examen trotz Wiederholungsversuch?

Ein endgültiges Nichtbestehen des Examens auch im Wiederholungsversuch führt dazu, dass das Prüfungsverfahren rechtskräftig abgeschlossen ist. Rechtlich betrachtet beinhaltet dies die Versagung des Abschlusses und somit den Ausschluss von der weiteren Teilnahme an diesem Staatsexamen. Damit ist, je nach Bundesland und Studienrichtung, nicht nur das betreffende Studium bzw. die Prüfungsbefähigung für diesen Beruf beendet, sondern auch eine Immatrikulation in vergleichbaren oder verwandten Studiengängen mit dieser Abschlussprüfung kann rechtlich ausgeschlossen sein. Darüber hinaus kann ein abschließender Bescheid mit Rechtsbehelfsbelehrung ergehen, gegen den binnen einer gesetzlich festgelegten Frist (zumeist ein Monat) Widerspruch oder Klage beim Verwaltungsgericht erhoben werden kann.

Besteht ein Recht auf Akteneinsicht im Zusammenhang mit einem nicht bestandenen Wiederholungsversuch?

Aus dem rechtsstaatlichen Grundsatz der Transparenz und Nachvollziehbarkeit behördlicher Entscheidungen ergibt sich grundsätzlich das Recht auf Akteneinsicht. Der Prüfling hat somit nach Bekanntgabe des endgültigen Nichtbestehens Anspruch darauf, die Prüfungsunterlagen, Bewertungsgutachten und Protokolle einzusehen. Diese Einsicht kann entweder persönlich oder im Rahmen einer Online-Akte erfolgen und dient insbesondere dazu, die Entscheidungsfindung der Prüfer nachzuvollziehen und eventuell Fehler oder Bewertungsunregelmäßigkeiten zu identifizieren, die Grundlage für einen Widerspruch sein könnten. Die Akteneinsicht ist in der Regel vor Ablauf der Frist für Rechtsmittelgewährung zu beantragen, wobei die Behörden gehalten sind, unverzüglich einen Termin oder Zugang zu gewähren.

Welche rechtlichen Möglichkeiten bestehen, gegen ein angeblich fehlerhaftes Ergebnis des Wiederholungsversuchs vorzugehen?

Sollten Prüflinge begründete Zweifel an der Korrektheit der Bewertung oder am ordnungsgemäßen Ablauf des Prüfungsverfahrens im Wiederholungsversuch haben, stehen ihnen mehrere rechtliche Wege offen. Zunächst kann ein Widerspruch oder eine Remonstration gegen den Prüfungsbescheid erhoben werden; dies ist häufig innerhalb eines Monats nach Zustellung des Ergebnisses schriftlich bei der Prüfungsbehörde einzureichen. Die Begründung muss substanzielle Hinweise auf Bewertungsfehler, Ermessensfehler oder Verfahrensmängel enthalten. Wird dem Remonstrationsantrag nicht stattgegeben, kann vor dem Verwaltungsgericht Klage erhoben werden. Im Falle gravierender Verfahrensfehler (z. B. Befangenheit von Prüfern, Verstoß gegen Prüfungsregularien) ist sogar die Annullierung der Prüfungsentscheidung möglich. Werden Bewertungsfehler nachgewiesen, kommt eine Neubewertung der Prüfungsleistungen in Betracht. Das Prüfungsrecht sieht jedoch grundsätzlich eine sogenannte prüfungsrechtliche Einschätzungsprärogative vor, was bedeutet, dass fachliche Bewertungen der Prüfer nur eingeschränkt gerichtlich überprüfbar sind.