Legal Lexikon

Wahlstation


Begriff und Einordnung der Wahlstation

Die Wahlstation ist ein wesentlicher Bestandteil der praktischen Ausbildung im Rahmen des deutschen Rechtsreferendariats. Sie stellt eine Ausbildungsphase dar, in welcher Referendarinnen und Referendare die Möglichkeit haben, nach Abschluss von drei Pflichtstationen ein Ausbildungsfeld ihrer Wahl zu absolvieren. Die rechtlichen Grundlagen, Inhalte, Rahmenbedingungen und Gestaltungsmöglichkeiten der Wahlstation werden nachfolgend detailliert erläutert.


Rechtliche Grundlagen der Wahlstation

Gesetzliche Verankerung

Die Wahlstation ist bundesweit durch das Deutsche Richtergesetz (DRiG) und die jeweiligen Juristenausbildungsordnungen (JAO) der Bundesländer geregelt. Maßgeblich ist insbesondere § 5b Abs. 2 DRiG, welcher die Mindestinhalte des juristischen Vorbereitungsdienstes einschließlich der freien Gestaltung einer Ausbildungsstation vorsieht. Darüber hinaus konkretisieren länderspezifische Ausbildungs- und Prüfungsordnungen die rechtliche Ausgestaltung der Wahlstation.

Dauer und zeitliche Einordnung

Im Verlauf des Rechtsreferendariats, das in der Regel 24 Monate umfasst, folgt die Wahlstation nach den Pflichtstationen (Zivilgericht, Strafrechtspflege, Verwaltung) und der sogenannten Anwaltsstation. Die typische Dauer der Wahlstation beträgt nach den jeweiligen Landesgesetzen drei bis fünf Monate, abhängig vom Bundesland.


Inhalte und Möglichkeiten der Wahlstation

Auswahl des Ausbildungsplatzes

Die maßgebliche Besonderheit der Wahlstation besteht in der Auswahlfreiheit hinsichtlich des Ausbildungsplatzes. Referendarinnen und Referendare können innerhalb gesetzlicher und ordnungsrechtlicher Vorgaben selbst bestimmen, bei welcher Einrichtung, Organisation oder Institution die Station abgeleistet wird. Zu den anerkannten Ausbildungsstellen zählen unter anderem:

  • Gerichte und Staatsanwaltschaften
  • Rechtsabteilungen von Unternehmen
  • Behörden des Bundes, der Länder oder Kommunen
  • Internationale Organisationen mit rechtlichem Bezug
  • Notariate
  • Vertretungen deutscher Institutionen im Ausland

Die genaue Zulässigkeit des gewählten Ausbildungsplatzes ist im Vorfeld mit dem jeweils zuständigen Oberlandesgericht oder einer vergleichbaren Ausbildungsbehörde abzustimmen.

Ausbildungsinhalte

Der Zweck der Wahlstation besteht darin, das im bisherigen Referendariat erworbene Wissen praxisnah anzuwenden und neue Einblicke in den Berufsalltag der Rechtsanwendung zu erhalten. Hierbei werden die Ausbildungsinhalte vielfach auf die individuellen Interessen der ausbildenden Referendarin bzw. des Referendars abgestimmt. Typische Tätigkeiten sind:

  • Fertigung von Schriftsätzen und Gutachten
  • Teilnahme an Verhandlungen und Besprechungen
  • Mitwirkung bei Vertragsgestaltungen
  • Einblick in Unternehmensentscheidungen mit Rechtsbezug
  • Teilnahme an Verwaltungsprozessen

Die in der Wahlstation vermittelten Kenntnisse und Erfahrungen können sich auf das spätere Berufsleben maßgeblich auswirken und dienen häufig der Orientierung hinsichtlich einer zukünftigen Berufswahl.


Anforderungen und Formalitäten

Antrag und Genehmigung

Die Ableistung der Wahlstation ist formal an die Genehmigung durch die zuständige Ausbildungsbehörde gebunden. Referendarinnen und Referendare sind verpflichtet, den gewünschten Ausbildungsplatz rechtzeitig zu beantragen und unter Vorlage aller erforderlichen Nachweise zu dokumentieren, dass die betreffende Stelle den Anforderungen der Ausbildungsordnung entspricht. Die Ausbildungsstelle muss Gewähr dafür bieten, dass eine sachgerechte Ausbildung im Sinne der Juristenausbildungsordnung erfolgen kann.

Ausbildungsnachweise

Am Ende der Wahlstation ist von der Ausbildungsstelle ein ausführlicher Ausbildungsbericht anzufertigen, der die durchgeführten Tätigkeiten, erlangten Kenntnisse und die Dauer der Ausbildung dokumentiert. Dieser Bericht ist bei der Ausbildungsbehörde einzureichen und Voraussetzung für die Anerkennung der Station.


Besondere Ausgestaltungen

Wahlstation im Ausland

Ein besonders häufig genutztes Privileg der Wahlstation ist die Möglichkeit, diese im Ausland zu absolvieren. Hierbei gelten zusätzliche formale Anforderungen:

  • Die Ausbildungsstelle muss Bezug zum deutschen Recht oder zum internationalen Recht aufweisen.
  • Die Vermittlung praktischer Erfahrungen muss in geeigneter Weise sichergestellt sein.
  • Es ist in vielen Fällen ein Ausbildungsplan vorzulegen, zudem können besondere Sprachkenntnisse oder Visa-Bestimmungen erforderlich sein.

Thematische Schwerpunktsetzung

Referendarinnen und Referendare können die Wahlstation nutzen, um individuelle Schwerpunkte, etwa im Bereich des Unternehmertums, der internationalen Zusammenarbeit oder der öffentlichen Verwaltung, zu setzen. Auch wissenschaftliche Einrichtungen, etwa rechtswissenschaftliche Institute, werden vielfach als Ausbildungsstätten gewählt.


Bedeutung und Zielsetzung der Wahlstation

Die Wahlstation erfüllt innerhalb des juristischen Vorbereitungsdienstes mehrere Funktionen:

  • Flexibilisierung der Ausbildung: Sie ermöglicht die Vertiefung individueller Interessen und erleichtert den Zugang zu neuen Berufsfeldern.
  • Förderung der Eigenverantwortung: Die freie Wahl und Organisation des Ausbildungsplatzes stärkt die Selbstständigkeit.
  • Praxisbezug: Die Einbindung in praktische Arbeitsprozesse schließt die Lücke zwischen universitärer Ausbildung und beruflicher Tätigkeit.

Die Wahlstation besitzt somit eine integrative Rolle in der Konzeption des Rechtsreferendariats und trägt entscheidend zur Qualität der juristischen Ausbildung in Deutschland bei.


Zusammenfassung

Die Wahlstation ist ein zentrales Element der juristischen Vorbereitungszeit in Deutschland. Sie ist rechtlich klar durch das Deutsche Richtergesetz und die jeweiligen Ausbildungsverordnungen geregelt, eröffnet vielfältige Wahlmöglichkeiten für Referendarinnen und Referendare und gilt als entscheidende Phase der praktischen Ausbildung. Als individuell gestaltbare Ausbildungsstation vereint sie die Vorteile praxisorientierter Weiterbildung mit persönlicher Schwerpunktsetzung und trägt so maßgeblich zur berufsnahen und breiten juristischen Qualifizierung bei.

Häufig gestellte Fragen

Wie werden die Wahlstation und ihre mögliche Ausbildungsstelle rechtlich geregelt?

Die Rechtsgrundlagen für die Wahlstation im juristischen Vorbereitungsdienst ergeben sich in erster Linie aus dem Deutschen Richtergesetz (DRiG), den jeweiligen Juristenausbildungsgesetzen der Bundesländer sowie den Ausbildung- und Prüfungsverordnungen (z.B. JAG und JAPO). Die Regelungen legen fest, dass die Wahlstation zwingend Teil des Referendariats ist und nach den weiteren Pflichtstationen im letzten Abschnitt der praktischen Ausbildung stattfindet. Die Wahl der Ausbildungsstelle unterliegt bestimmten Vorgaben: Sie muss für die Ausbildung in der Rechtspflege geeignet sein (z.B. Gerichte, Behörden, Rechtsanwaltskanzleien, Unternehmen mit eigener Rechtsabteilung oder internationale Organisationen). Dies wird rechtlich durch Genehmigungsvorbehalte der zuständigen Justizprüfungsämter oder Oberlandesgerichte sichergestellt; die Ausbildungsstelle muss vor Beginn angezeigt und regelmäßig genehmigt werden. Zudem sind Fristen für Antragstellung und Nachweise über die gewählte Stelle regelhaft geregelt.

Welche Pflichten und Rechte haben Referendar:innen während der Wahlstation rechtlich gesehen?

Während der Wahlstation bleiben Referendar:innen typische Amtspflichten und Rechte erhalten, wie sie sich aus den einschlägigen Regelungen für Beamte auf Widerruf ergeben (in den Bundesländern spezifisch geregelt). Dazu zählen die Pflicht zur gewissenhaften Ausbildungsteilnahme, zur Verschwiegenheit sowie das Recht auf angemessene Anleitung und Betreuung. Sie stehen weiterhin im öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis. Verstöße gegen Pflichten (z.B. unentschuldigtes Fehlen, Verstöße gegen die Verschwiegenheit) können disziplinarische Maßnahmen bis hin zum Ausschluss vom Vorbereitungsdienst nach sich ziehen. Die Rechte auf Urlaub, Krankmeldung und ggf. auch Mutterschutz oder Elternzeit bestehen fort, richten sich jedoch nach den besonderen beamtenrechtlichen Vorschriften während der Ausbildung. Darüber hinaus bestehen weiterhin Rechte wie eine monatliche Unterhaltsbeihilfe und ggf. Reisekostenerstattung, soweit die Dienstreiseregelungen des jeweiligen Landes Anwendung finden.

Welche rechtlichen Vorgaben bestehen für die Anerkennung von Ausbildungsabschnitten im Ausland?

Für eine Wahlstation im Ausland bestehen besonders strikte rechtliche Vorgaben: Zunächst ist stets die Genehmigung der zuständigen Justizverwaltung erforderlich. Es muss nachgewiesen werden, dass die Ausbildung im Ausland einer Ausbildungsstelle im Inland gleichwertig ist, insbesondere in Bezug auf die Ausbildungsinhalte und Betreuungsmöglichkeiten. Die Rechtmäßigkeit der Anerkennung wird regelmäßig durch Vorlage einer ausführlichen Tätigkeitsbeschreibung und eines Ausbildungsplans geprüft. Außerdem bestimmt die entsprechende Ausbildungs- und Prüfungsordnung, für welche Bereiche und Organisationen (z.B. EU-Institutionen, internationale Gerichte, Kanzleien mit Tätigkeitsschwerpunkt deutsches Recht) eine Station im Ausland zulässig ist. Das Fehlen genügender Ausbildungsnachweise oder die unverhältnismäßige Abweichung von deutschen Ausbildungsstandards kann zur Versagung der Anerkennung führen.

Welche Rolle spielt das Ausbildungszeugnis für die Wahlstation aus rechtlicher Sicht?

Ein Ausbildungszeugnis ist rechtlich zwingend vorgeschrieben und von jeder Ausbildungsstelle für Referendar:innen am Ende der Wahlstation auszustellen. Die Anforderungen an Form und Inhalt ergeben sich aus den jeweiligen länderspezifischen Ausbildungs- und Prüfungsverordnungen, meist muss es Auskunft geben über Dauer, Art und Umfang der Tätigkeit sowie die Beurteilung von Engagement, Fachkenntnissen und Leistungsbereitschaft. Verweigert die Ausbildungsstelle das Zeugnis oder erstellt es nicht ordnungsgemäß, besteht ein einklagbarer Anspruch gegenüber der jeweiligen Institution. Das Ausbildungszeugnis kann zudem als Nachweis über die ordnungsgemäße Ableistung der Station für das Prüfungsamt erforderlich sein und spielt in manchen Bundesländern auch eine Rolle für die Abschlussnote des Vorbereitungsdienstes.

Gibt es rechtlich festgelegte Fristen für die Bewerbung und Genehmigung zur Wahlstation?

Ja, die Ausbildungs- und Prüfungsverordnungen wie auch die Verwaltungsvorschriften der Länder geben verbindliche Fristen für Antragstellung und Genehmigung der Wahlstationsstelle vor. Referendar:innen müssen meist mehrere Monate vor Beginn der Wahlstation (je nach Bundesland zwischen 6 und 8 Wochen im Voraus) die vorgesehene Ausbildungsstelle anmelden und die Genehmigung einholen. Wird diese Frist versäumt oder fehlen Unterlagen, kann dies zum Verlust des Anspruchs auf eine Wunschstation führen oder im Extremfall zu einer Zuweisung durch die Ausbildungsbehörde. Für Auslandsstationen bestehen zusätzlich längere Vorlaufzeiten und einzureichende Dokumente (z.B. Nachweise über Sprachkenntnisse, Tätigkeitsbeschreibung des Ausbildungsplatzes) – auch hier ist eine rechtzeitige und umfassende Antragstellung rechtlich verpflichtend.

Wie ist die Vergütung während der Wahlstation gesetzlich geregelt?

Die Höhe und der Anspruch auf Unterhaltsbeihilfe während der Wahlstation beruht auf den Vorschriften für Rechtsreferendar:innen im jeweiligen Bundesland. Die Unterhaltsbeihilfe wird grundsätzlich wie in den anderen Ausbildungsabschnitten gewährt, wobei sie nicht von der gewählten Ausbildungsstelle abhängt. Eine zusätzliche Vergütung durch die Ausbildungsstelle ist nur zulässig, wenn dies die jeweilige Ausbildungs- und Prüfungsordnung nicht ausschließt und keine Beamtenrechtlichen oder disziplinarischen Interessen entgegenstehen. In vielen Bundesländern ist dies jedoch ausdrücklich untersagt oder bedarf der vorherigen Zustimmung durch die Ausbildungsbehörde.

Welche rechtlichen Konsequenzen drohen bei einem Abbruch oder Versäumnis der Wahlstation?

Ein nicht gerechtfertigter Abbruch oder das Versäumnis der Wahlstation kann erhebliche rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Dies umfasst je nach Bundesland und Schwere des Versäumnisses die Verlängerung des Referendariats, das Nachholen der Station, disziplinarische Maßnahmen bis hin zum Ausschluss aus dem Vorbereitungsdienst. Für ein gerechtfertigtes Fehlen (z.B. bei längerer Krankheit, Mutterschutz, Elternzeit) bestehen Nachweispflichten; der Abbruch ist unverzüglich zu melden und bedarf einer Genehmigung seitens der Ausbildungsbehörde. Das Nichtantreten oder unentschuldigtes Fernbleiben wird als Pflichtverletzung bewertet und zieht regelmäßig Konsequenzen nach sich, wobei die Einzelheiten im Beamtenrecht und den jeweiligen Prüfungsordnungen festgelegt sind.