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Target Hours


Target Hours

Definition und Ursprung des Begriffs Target Hours

Target Hours (deutsch: Zielstunden) bezeichnen eine vorab definierte Anzahl an Arbeits- oder Leistungsstunden, die Mitarbeitende innerhalb eines bestimmten Zeitraums – in der Regel eines Geschäftsjahres – erbringen sollen. Die Vorgabe von Target Hours dient insbesondere der Steuerung und Messung von Produktivität und Auslastung in Kanzleien, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und anderen dienstleistungsorientierten Unternehmen. Ursprünglich aus angelsächsischen Kanzleistrukturen und Unternehmensberatungen stammend, finden Target Hours seit den 1990er Jahren zunehmend Verbreitung auch im deutschsprachigen Raum.

Bedeutung von Target Hours im Kanzlei- oder Unternehmenskontext

Steuerung von Vergütung und Leistungsbewertung

Target Hours sind ein zentrales Instrument zur Leistungsbewertung und Vergütungssteuerung. Die tatsächlich erbrachten und dokumentierten Stunden werden regelmäßig mit den Target Hours verglichen. Häufig bestehen direkte Zusammenhänge zwischen der Erreichung der Zielstunden und variablen Vergütungsbestandteilen, etwa individuellen Boni. In vielen Kanzleien spielen sie zudem als Grundlage für leistungsbezogene Rückmeldungen, Personalgespräche, Gehaltserhöhungen oder Beförderungen eine maßgebliche Rolle.

Einfluss auf Karrierefortschritt

Die Erfüllung, Übererfüllung oder Unterschreitung der Target Hours hat oftmals Auswirkungen auf die individuelle Karriereentwicklung. Wer die Vorgaben regelmäßig erreicht oder übertrifft, signalisiert Engagement, Belastbarkeit und Produktivität – Kriterien, die bei Beförderungsentscheidungen, Mandatsvergabe oder bei der Besetzung von Weiterbildungsplätzen berücksichtigt werden können. Gleichzeitig kann eine längerfristige Unterschreitung der Zielstunden Hinweise auf Anpassungsbedarf bei Aufgabenverteilung, Arbeitsorganisation oder individuellem Arbeitsverhalten liefern.

Rahmenbedingungen und Standards

Rechtliche und organisatorische Aspekte

Die Festlegung und Anwendung von Target Hours erfolgen stets im Rahmen der geltenden arbeitsrechtlichen Vorschriften, insbesondere hinsichtlich der Höchstarbeitszeiten, des Gesundheitsschutzes sowie der Arbeitszeiterfassung. Typische Zielwerte liegen branchenabhängig beispielsweise zwischen 1.500 und 2.000 Stunden pro Jahr, können aber je nach Anstellungsebene, Arbeitszeitmodell oder Tätigkeitsbereich erheblich variieren. Die genaue Zahl und die Modalitäten der Erfassung werden meist individuell vertraglich geregelt oder in betrieblichen Vereinbarungen sowie internen Policies festgehalten.

Marktübliche Standards

In größeren Unternehmen und Kanzleien sind Target-Hours-Modelle häufig standardisiert. Üblich ist eine transparente und dokumentierte Kommunikation der Ziele und Bewertungsmaßstäbe. Branchenvergleiche und Benchmarking erlauben es, die eigene Praxis regelmäßig an den Gegebenheiten des Marktes und den Erwartungen von Mandantenseite auszurichten.

Einfluss auf Karrierewege und Entwicklungsmöglichkeiten

Target Hours sind ein wichtiger, aber nicht allein entscheidender Faktor für die berufliche Entwicklung. Die Erreichung der Zielvorgaben wird häufig als Nachweis für Engagement und Belastbarkeit gewertet und kann so zum Eintrittskriterium für eine nächste Karrierestufe werden. Darüber hinaus fließen jedoch weitere Aspekte wie Teamfähigkeit, fachliche Entwicklung, Mandantenorientierung und überfachliches Engagement in die Gesamtbewertung ein.

Regelmäßige Zielerreichung oder Übererfüllung der Target Hours kann den Zugang zu Weiterbildungen, zu Führungsverantwortung oder zu spezialisierten Aufgabenbereichen erleichtern. Gleichzeitig können längere Zeiträume der Nicht-Erfüllung Hinweise auf die Notwendigkeit von persönlichem Coaching, veränderten Zuständigkeiten oder Work-Life-Balance-Maßnahmen bieten.

Vor- und Nachteile sowie Diskussionspunkte

Vorteile

  • Klare Orientierung: Target Hours geben klare Zielvorgaben und erleichtern die individuelle Arbeitsplanung.
  • Vergleichbarkeit: Sie ermöglichen eine objektive Bewertung der geleisteten Arbeit im Teamvergleich.
  • Transparenz: Sie sorgen für Transparenz in der Leistungsbeurteilung und ermöglichen gerechtere Vergütungsmodelle.
  • Steuerung von Ressourcen: Die Planung und Auslastung der Mitarbeitenden wird erleichtert.

Nachteile und Kritik

  • Qualitätsaspekt: Eine starke Fokussierung auf Stunden kann dazu führen, dass Qualität, Innovationsfähigkeit oder Mandantenorientierung nicht ausreichend gewürdigt werden.
  • Druck und Arbeitsbelastung: Ambitionierte Zielvorgaben können zu einer erhöhten Arbeitsbelastung und potenziell zu Überstunden und Erschöpfung führen.
  • Einseitige Bewertung: Nicht-quantitative Leistungen, wie Wissensweitergabe oder interne Projekte, werden unter Umständen nicht abgebildet.
  • Gefahr der Fehlsteuerung: Einseitige Zielstundenvorgaben können dazu ermutigen, weniger effiziente Arbeit zu dokumentieren oder Stunden künstlich „aufzufüllen“.

Praktische Beispiele und Anwendungsszenarien

Beispiel 1: Zielstundenvorgabe in einer Kanzlei

Ein:e Mitarbeitende:r erhält für das laufende Jahr eine Zielvorgabe von 1.800 Stunden. Das bedeutet, dass im Durchschnitt rund 7,5 Stunden pro Arbeitstag auf Mandatsarbeit, interne Projekte oder Weiterbildungsmaßnahmen gebucht werden müssen. Zu Jahresbeginn findet ein Planungsgespräch statt, in dem gemeinsam mit der Personalabteilung die Verteilung der Arbeit und die Vereinbarkeit mit familiären Verpflichtungen besprochen werden.

Beispiel 2: Leistungsbewertung mit Target Hours

Zum Ende des Jahres wird eine Übersicht erstellt, die die Sollstunden mit den Ist-Stunden vergleicht. Wurden die Zielstunden erreicht, erhalten Mitarbeitende üblicherweise eine positive Rückmeldung und werden, abhängig vom Vergütungsmodell, an Bonuszahlungen beteiligt oder für weiterführende Aufgaben empfohlen. Werden die Zielstunden deutlich verfehlt, folgt in der Regel ein Entwicklungsgespräch, um Ursachen zu analysieren und individuelle Entwicklungsschritte zu planen.

Beispiel 3: Anpassung der Target Hours

Bei veränderten Lebensumständen – beispielsweise einer Reduzierung der Arbeitszeit wegen Elternzeit oder Weiterbildungsmaßnahmen – kann eine Anpassung der Zielstunden erfolgen. Die Berechnung erfolgt dann anteilig.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Sind Target Hours gleichzusetzen mit der Anzahl der tatsächlich gearbeiteten Stunden?

Nein. Relevant sind in der Regel nur die dokumentierbaren, den Unternehmenszielen dienenden Stunden, beispielsweise Mandatsarbeit, interne Projekte oder Weiterbildungen – nicht jedoch reine Anwesenheitszeiten, Pausen oder informelle Tätigkeiten.

Was passiert, wenn die Target Hours nicht erreicht werden?

Das hängt von den jeweiligen Unternehmensregelungen ab. Fehlende Zielstunden können Entwicklungsgespräche nach sich ziehen; Kündigungen oder Sanktionen sind jedoch selten die unmittelbare Folge, sondern meist letzter Schritt einer längerfristigen Begleitung und gemeinsamen Lösungsfindung.

Hat die Erreichung der Target Hours Einfluss auf die Beförderung?

In der Regel ja. Die Erfüllung der Zielstunden ist ein wichtiges Kriterium bei Beförderungsentscheidungen, wird allerdings durch qualitative Faktoren ergänzt.

Was gilt bei Teilzeit oder längeren Fehlzeiten?

Die Zielstunden werden in diesen Fällen anteilig angepasst, etwa bei Teilzeitbeschäftigung, Elternzeit oder längeren Ausfällen durch Krankheit.

Müssen Target Hours jedes Jahr erfüllt werden?

Das Ziel besteht in der kontinuierlichen Leistungserbringung; einzelne Jahre geringerer Auslastung können aber durch nachweisbare Gründe (zum Beispiel Projektverschiebungen, strukturelle Veränderungen) relativiert werden.

Können Target Hours geändert werden?

Eine Änderung ist möglich und erfolgt üblicherweise im Einvernehmen zwischen Mitarbeitenden und Unternehmung, etwa bei geänderten Aufgabengebieten, Stundenreduzierung oder Anpassungen der Unternehmensstrategie.


Der Begriff Target Hours bietet damit eine transparente, nachvollziehbare Grundlage für Vergütungsstruktur, Leistungsbewertung und Karriereentwicklung – erfordert jedoch immer eine ausgewogene, verantwortungsvolle Anwendung und Kommunikation zwischen allen Beteiligten.

Häufig gestellte Fragen

Inwieweit sind Target Hours rechtlich bindend?

Target Hours, auch als Zielarbeitsstunden bekannt, werden häufig in Arbeitsverträgen, Betriebsvereinbarungen oder Tarifverträgen geregelt. Sie legen die Soll-Arbeitszeit für die Mitarbeitenden innerhalb eines bestimmten Zeitraums fest. Rechtlich bindend werden Target Hours immer dann, wenn sie explizit Vertragsbestandteil sind oder durch kollektivrechtliche Regelungen festgelegt wurden. Arbeitgeber und Arbeitnehmer sind dann gleichermaßen verpflichtet, sich an diese Zielwerte zu halten. Eine einseitige Änderung durch den Arbeitgeber ist in der Regel nur durch Änderungskündigung oder mit Zustimmung des Arbeitnehmers möglich. Kommt es zu Abweichungen, etwa durch Unter- oder Überstunden, greifen rechtliche Konsequenzen, beispielsweise im Hinblick auf Vergütung, Mehrarbeit oder Freizeitausgleich. Verstöße gegen die Einhaltung der Target Hours können zudem arbeitsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen, etwa Abmahnungen oder im Extremfall Kündigungen.

Wie müssen Target Hours im Arbeitsvertrag geregelt werden?

Grundsätzlich ist es rechtlich geboten, die Soll-Arbeitszeit im Arbeitsvertrag klar und eindeutig zu formulieren. In Bezug auf Target Hours sollten der Bezugszeitraum (etwa Woche, Monat, Jahr), der Umfang der Zielstunden und Modalitäten zur Dokumentation und Abweichung eindeutig geregelt sein. Fehlt eine solche Bestimmung, gelten die gesetzlichen oder tariflichen Vorgaben zur regelmäßigen Arbeitszeit. Arbeitgeber sind angehalten, transparent darzulegen, wie die Zielstunden berechnet werden und welche Folgen es hat, wenn sie nicht erreicht oder überschritten werden. Unklare oder intransparente Regelungen können zu Nachteilen für den Arbeitgeber führen, etwa bei gerichtlichen Auseinandersetzungen, da sich Gerichte im Zweifel auf die für den Arbeitnehmer günstigere Auslegung berufen.

Welche arbeitsrechtlichen Konsequenzen ergeben sich bei Unter- oder Überschreitung von Target Hours?

Wenn Target Hours unterschritten werden, liegt in der Regel Minderarbeit vor. Diese kann zulasten des Arbeitnehmers gehen, sofern die Minderarbeit von ihm zu vertreten ist, beispielsweise durch unentschuldigtes Fehlen. Ist die Minderarbeit jedoch vom Arbeitgeber zu vertreten (etwa Auftragsmangel), besteht in der Regel dennoch ein Anspruch auf Vergütung. Bei Überschreitung der Target Hours liegt regelmäßig Mehrarbeit oder Überstunden vor, die – soweit nicht anders geregelt – grundsätzlich durch Zuschläge oder Freizeitausgleich vergütet werden müssen. Die Anordnung und Vergütung von Überstunden bedarf jedoch einer ausdrücklichen Regelung im Vertrag oder der Betriebsvereinbarung; eine pauschale Abgeltungsklausel ist nach aktueller Rechtsprechung häufig unwirksam. Auch aus Gründen des Arbeitszeitgesetzes sind Überschreitungen besonders zu dokumentieren und zu belegen.

Dürfen Target Hours flexibel gehandhabt werden?

Ob Target Hours flexibel gehandhabt werden dürfen, hängt vom gewählten arbeitsrechtlichen Rahmen ab. Ist eine flexible Arbeitszeit, wie etwa Gleitzeit oder Vertrauensarbeitszeit, ausdrücklich vereinbart, dürfen die täglichen oder wöchentlichen Stunden im Rahmen der betrieblichen Bestimmungen variieren, solange die übergeordnete Zielstundenzahl im vereinbarten Referenzzeitraum erreicht wird. Allerdings darf diese Flexibilität nicht dazu führen, dass Arbeitszeitschutzvorschriften – insbesondere das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) hinsichtlich Höchstarbeitszeiten, Ruhezeiten und Pausen – verletzt werden. Ist keine Flexibilisierung geregelt, gilt die Target Hour als verbindlicher Richtwert, und Abweichungen können arbeitsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.

Wie wirken sich Krankheit und Urlaub auf die Erfüllung von Target Hours aus?

Arbeitsrechtlich gelten Zeiten der Arbeitsunfähigkeit und des Urlaubs als „gleichgestellte Arbeitszeiten“. Das bedeutet: Im Krankheitsfall sowie während genehmigten Urlaubszeiten werden Target Hours als erfüllt angesehen, selbst wenn der Arbeitnehmer tatsächlich nicht gearbeitet hat. Rechtliche Grundlage hierfür sind § 3 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) und § 4 Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG). Eine Anrechnung von Fehlzeiten während Krankheit oder Urlaub auf die Zielarbeitszeit ist somit unzulässig. Arbeitgeber dürfen die Nicht-Erfüllung der Target Hours wegen Krankheit oder Urlaub nicht zum Anlass nehmen, das Gehalt zu kürzen oder andere Sanktionen zu verhängen.

Welche Dokumentationspflichten bestehen im Zusammenhang mit Target Hours?

Das Arbeitszeitgesetz verpflichtet Arbeitgeber in bestimmten Fällen, besonders bei Überschreitung der werktäglichen Arbeitszeit oder bei Minijobs, zur Führung von Arbeitszeitnachweisen. Unabhängig davon empfiehlt es sich, die tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden im Verhältnis zu den Target Hours regelmäßig und nachweisbar zu dokumentieren, um sowohl gegenüber Arbeitnehmern als auch Behörden den Nachweis führen zu können, dass gesetzliche und vertragliche Vorgaben eingehalten wurden. Fehlerhafte oder mangelhafte Dokumentation kann bei Streitigkeiten zu Beweislastproblemen führen und zur Haftung des Arbeitgebers für Verstöße gegen Arbeitszeitvorschriften beitragen.

Inwiefern sind Betriebsrat und Tarifvertrag bei der Festlegung von Target Hours zu beteiligen?

Bei der Einführung, Änderung oder Ausgestaltung von Target Hours ist der Betriebsrat nach § 87 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) mitbestimmungsberechtigt, soweit es sich um Fragen von Arbeitszeit und deren Verteilung handelt. Auch Tarifverträge können verbindliche Vorgaben hinsichtlich der Soll-Arbeitszeit und deren Flexibilisierung enthalten. Arbeitgeber dürfen daher Target Hours nicht einseitig festsetzen oder ändern, wenn eine kollektive Regelung besteht oder der Betriebsrat zuständig ist. Andernfalls drohen arbeitsrechtliche Sanktionen und die Unwirksamkeit der entsprechenden Anordnung.