Legal Lexikon

Syndikusrechtsanwalt


Einführung in das Berufsbild Syndikusrechtsanwalt

Der Syndikusrechtsanwalt ist ein zugelassener Rechtsanwalt, der in einem festen Anstellungsverhältnis bei einem Unternehmen, einer Organisation, einem Verband oder einer anderen Institution tätig ist. Anders als niedergelassene Rechtsanwälte übt er seinen Beruf nicht in einer eigenen Kanzlei aus, sondern übernimmt rechtsbezogene Aufgaben für seinen Arbeitgeber. Das Berufsbild verbindet die juristische Arbeit mit innerbetrieblichen Strukturen und Anforderungen der Wirtschaft, Verwaltung oder Verbänden.

Grundlagen und rechtliche Rahmenbedingungen

Definition

Syndikusrechtsanwälte sind Rechtsanwälte, die sich auf die interne anwaltliche Beratung und Vertretung ihrer Arbeitgeber konzentrieren. Sie beraten die Unternehmensleitung, Fachabteilungen und sind oftmals Schnittstelle zu externen Rechtsanwälten sowie Behörden. Der Begriff wurde nach langjähriger Diskussion gesetzlich definiert und ist heute fest im deutschen Recht verwurzelt.

Gesetzliche Grundlage

Die Tätigkeit des Syndikusrechtsanwalts ist seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Neuordnung des Rechts der Syndikusanwälte (Syndikusgesetz, 2016) umfassend geregelt. Grundlage bildet insbesondere § 46 Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO). Demnach ist eine Zulassung als Syndikusrechtsanwalt an bestimmte Voraussetzungen geknüpft, insbesondere an eine klare Trennung zwischen anwaltlicher und nicht-anwaltlicher Tätigkeit im Unternehmen. Im Gegensatz zum traditionellen Rechtsanwalt ist der Syndikusrechtsanwalt regelmäßig weisungsgebunden und ausschließlich für seinen Arbeitgeber tätig.

Zulassung und Tätigkeitsumfang

Eine Doppelzulassung ist grundsätzlich möglich, sodass eine Person sowohl als Syndikusrechtsanwalt als auch als niedergelassener Rechtsanwalt tätig sein kann. Die Zulassung erfordert neben dem Abschluss der beiden juristischen Staatsprüfungen einen Antrag beim zuständigen Anwaltsgericht sowie den Nachweis einer anwaltlichen Tätigkeit im Unternehmen. Hierzu zählt das eigenverantwortliche Bearbeiten rechtlicher Angelegenheiten, jedoch keine Einschränkung auf forensische Tätigkeiten.

Historische Entwicklung

Die Rolle des Syndikusrechtsanwalts hat sich im Verlauf des 20. Jahrhunderts gewandelt. Ursprünglich waren Rechtsanwälte ausschließlich in eigener Kanzlei tätig. Mit zunehmender Komplexität wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Strukturen wurde die rechtsberatende Funktion innerhalb von Unternehmen, Verbänden und Organisationen bedeutender. Eine lange Zeit war die Anerkennung der Tätigkeit als anwaltlich seitens der Standesvertretungen umstritten, insbesondere in Bezug auf das Anrecht auf den Titel „Rechtsanwalt“ und den Zugang zum Versorgungswerk. Das Bundesverfassungsgericht entschied 2014, dass Syndikusrechtsanwälte unter bestimmten Bedingungen Zugang zum anwaltlichen Versorgungswerk erhalten können. Die nachfolgende Gesetzgebung schuf daraufhin klare Rahmenbedingungen und trug zur Etablierung des Berufsbilds bei.

Anforderungen an Syndikusrechtsanwälte

Ausbildung

Der Weg zum Syndikusrechtsanwalt erfordert die gleichen Qualifikationen wie die Zulassung als Rechtsanwalt. Hierzu zählen das Studium der Rechtswissenschaften mit dem Ersten Staatsexamen, der juristische Vorbereitungsdienst (Referendariat) und das Zweite Staatsexamen. Im Anschluss erfolgt die Zulassung zur Anwaltschaft, ergänzt durch die Beantragung der besonderen Zulassung als Syndikusrechtsanwalt.

Persönliche Kompetenzen

Für die Tätigkeit als Syndikusrechtsanwalt werden neben dem juristischen Fachwissen unternehmensbezogenes Denken, Kommunikationsstärke und Verhandlungsgeschick vorausgesetzt. Da viele Aufgaben eigenverantwortlich – jedoch stets im Kontext der Organisation – wahrgenommen werden, sind analytische Fähigkeiten, wirtschaftliches Verständnis sowie ein sicheres Urteilsvermögen von Vorteil.

Unabhängigkeit und Weisungsgebundenheit

Syndikusrechtsanwälte unterliegen einer besonderen Stellung. Einerseits gelten für sie berufsrechtliche Unabhängigkeit und Verschwiegenheitspflichten, andererseits sind sie als Angestellte in betriebliche Hierarchien eingebunden. Der Gesetzgeber hat die Besonderheiten erkannt und ermöglicht Syndikusrechtsanwälten, sowohl anwaltliche Unabhängigkeit zu wahren als auch berechtigte Interessen des Arbeitgebers zu berücksichtigen.

Typische Aufgabenbereiche

Rechtliche Beratung des Arbeitgebers

Syndikusrechtsanwälte decken ein breites Spektrum rechtlicher Fragestellungen ab. Dazu gehören Vertragsgestaltung, Prüfung und Verhandlung, arbeitsrechtliche Beratung, Datenschutzfragen sowie die Unterstützung bei Compliance- und Governance-Themen.

Prozessführung und außergerichtliche Vertretung

Sie vertreten das Unternehmen in Rechtsstreitigkeiten, insbesondere in Verhandlungen außergerichtlicher Natur. Die gerichtliche Vertretung vor deutschen Gerichten ist grundsätzlich auf den Arbeitgeber beschränkt und differiert je nach Zulassung.

Gremienarbeit und Verbandstätigkeit

Bei Verbänden und Organisationen übernehmen Syndikusrechtsanwälte die Bearbeitung rechtlicher Fragestellungen im Bereich Verbandsrecht, Satzungsfragen, Politikberatung und Interessenvertretung.

Schnittstellenmanagement

Regelmäßig koordinieren Syndikusrechtsanwälte die Zusammenarbeit mit externen Kanzleien, Steuerberatern und Behörden. Sie bereiten Sachverhalte auf, bewerten Risiken und entwickeln rechtliche Handlungsempfehlungen.

Compliance und Corporate Governance

In vielen größeren Unternehmen liegt ein starker Schwerpunkt auf der Entwicklung und Überwachung von Compliance-Programmen. Die Einhaltung gesetzlicher und regulatorischer Vorgaben zählt ebenso zu den Kernaufgaben wie Beratungen zum strategischen Risikomanagement.

Perspektiven und Karrierewege

Aufstiegsmöglichkeiten

Mit zunehmender Berufserfahrung übernehmen Syndikusrechtsanwälte häufig Leitungsfunktionen, etwa als Leiter einer Rechtsabteilung, Chief Legal Officer (CLO) oder in der Geschäftsleitung. Sie können auch als Compliance Officer oder Datenschutzbeauftragte zusätzliche Verantwortung übernehmen.

Wechsel in die freie Anwaltschaft

Der Übergang von der Tätigkeit des Syndikusrechtsanwalts in die klassische Rechtsanwaltschaft ist rechtlich möglich. Die Berufserfahrung als Syndikusrechtsanwalt wird dabei für den Erwerb von Fachanwaltschaften und andere Qualifikationen vollständig angerechnet.

Tätigkeiten in Verbänden und öffentlichen Institutionen

Insbesondere in Interessenvertretungen, Kammern oder Non-Profit-Organisationen sind Syndikusrechtsanwälte gefragt. Sie arbeiten an der Schnittstelle zwischen Recht, Politik und Wirtschaft.

Arbeitsbedingungen und Vergütung

Die Vergütung von Syndikusrechtsanwälten orientiert sich an Branche, Unternehmensgröße sowie Erfahrungsniveau und kann erheblich variieren. In internationalen Unternehmen sowie im Finanz- oder Technologiebereich sind die Gehälter häufig überdurchschnittlich. Die Arbeitsbedingungen zeichnen sich meist durch feste Strukturen, geregelte Arbeitszeiten und umfangreiche Sozialleistungen aus. Auch mobile Arbeit und Homeoffice gewinnen an Bedeutung.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was unterscheidet einen Syndikusrechtsanwalt von einem klassischen Rechtsanwalt?

Syndikusrechtsanwälte sind bei einem Unternehmen oder einer Organisation angestellt und beraten nur ihren Arbeitgeber, während klassische Rechtsanwälte selbstständig oder in Sozietäten arbeiten und Mandanten beraten oder vertreten.

Gibt es für Syndikusrechtsanwälte Fortbildungspflichten?

Ja, auch für Syndikusrechtsanwälte bestehen kontinuierliche Fortbildungspflichten. Sie müssen sich über aktuelle rechtliche Entwicklungen und Unternehmensrelevante Fragestellungen auf dem Laufenden halten.

Können Syndikusrechtsanwälte vor Gericht auftreten?

Vor Gericht vertreten Syndikusrechtsanwälte grundsätzlich nur ihren Arbeitgeber. Die gerichtliche Vertretung Dritter ist ihnen nicht gestattet, sofern sie nicht zugleich als Rechtsanwalt mit Widerruf der Zulassung tätig sind.

Ist der Zugang zum anwaltlichen Versorgungswerk möglich?

Seit den Änderungen im Berufsrecht haben auch Syndikusrechtsanwälte Zugang zum Versorgungswerk. Voraussetzung ist die Zulassung nach § 46 BRAO.

Welche Branchen stellen Syndikusrechtsanwälte ein?

Syndikusrechtsanwälte sind in nahezu allen Branchen gefragt, etwa im Industrie-, Handels-, Banken-, Versicherungs-, IT-, Gesundheits- und Energiesektor sowie in Verbänden und öffentlichen Institutionen.

Gibt es besondere Haftungsregelungen?

Die Haftung orientiert sich an den arbeitsvertraglichen Grundlagen sowie berufsrechtlichen Vorgaben. In der Regel haftet der Arbeitgeber gegenüber Dritten, während im Innenverhältnis besondere Verträge für Haftungsbegrenzungen sorgen können.


Der Beruf des Syndikusrechtsanwalts bietet vielfältige Entwicklungsmöglichkeiten und ist ein bedeutender Karriereweg, der anspruchsvolle rechtsbezogene Aufgaben mit Unternehmenspraxis und strategischer Gestaltung vereint.

Häufig gestellte Fragen

Benötigt ein Syndikusrechtsanwalt zwingend eine Zulassung zur Rechtsanwaltschaft?

Ein Syndikusrechtsanwalt muss zwingend als Rechtsanwalt zugelassen sein, um in dieser besonderen Stellung tätig werden zu dürfen. Nach § 46 Abs. 2 BRAO (Bundesrechtsanwaltsordnung) ist die Zulassung die Grundlage für die Ausübung anwaltlicher Tätigkeiten, auch wenn diese im Rahmen eines festen Arbeitsverhältnisses bei einem Unternehmen oder Verband erfolgt. Die Zulassung stellt sicher, dass der Syndikusrechtsanwalt die anwaltliche Berufspflicht zur unabhängigen, eigenverantwortlichen und weisungsfreien Tätigkeit wahren kann. Zudem sind nur zugelassene Syndikusrechtsanwälte berechtigt, die Berufsbezeichnung „Syndikusrechtsanwalt“ zu führen sowie die Privilegien eines Rechtsanwalts, wie berufsrechtlichen Schutz, Schweigepflicht und Zeugnisverweigerungsrecht, in Anspruch zu nehmen. Ohne Zulassung kann eine Tätigkeit als Syndikusrechtsanwalt nicht rechtmäßig ausgeübt werden.

Welche berufsrechtlichen Pflichten treffen den Syndikusrechtsanwalt im Unternehmen?

Syndikusrechtsanwälte unterliegen den gleichen berufsrechtlichen Pflichten wie niedergelassene Rechtsanwälte. Dazu zählen insbesondere die Verschwiegenheitspflicht nach § 43a Abs. 2 BRAO, das Verbot der Vertretung widerstreitender Interessen (§ 43a Abs. 4 BRAO) sowie das Gebot der Unabhängigkeit (§ 43a Abs. 1 BRAO). Trotz des arbeitsrechtlichen Abhängigkeitsverhältnisses gegenüber dem Arbeitgeber ist der Syndikusrechtsanwalt verpflichtet, seine Mandatsaufgaben im Sinne des Unternehmens unabhängig, frei von fachfremden Weisungen und unter Beachtung der geltenden Gesetze und Standesregeln wahrzunehmen. Verstöße gegen diese Pflichten können berufsrechtliche Konsequenzen, wie Rügen bis hin zum Widerruf der Zulassung, nach sich ziehen.

In welchem Umfang ist der Syndikusrechtsanwalt von der Rentenversicherungspflicht befreit?

Syndikusrechtsanwälte können auf Antrag von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht befreit werden, wenn sie Mitglied in einem berufsständischen Versorgungswerk sind, wie es § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI vorsieht. Die Befreiung erfasst jedoch ausschließlich diejenige Tätigkeit des Syndikusrechtsanwalts, die den Zulassungsvoraussetzungen und Berufspflichten eines Rechtsanwalts genügt, also typischerweise die anwaltliche Rechtsberatung und -vertretung im festen Anstellungsverhältnis. Nicht hiervon erfasst sind Tätigkeiten, die rein administrative, unternehmerische oder leitende Funktionen betreffen und keinen wesentlichen Bezug zur anwaltlichen Tätigkeit aufweisen. Die Befreiung muss jeweils für jedes einzelne Arbeitsverhältnis und jede berufliche Tätigkeit individuell beantragt und von der Deutschen Rentenversicherung geprüft werden.

Kann ein Syndikusrechtsanwalt nebenberuflich als niedergelassener Rechtsanwalt tätig sein?

Gemäß § 46a Abs. 1 BRAO ist es Syndikusrechtsanwälten grundsätzlich gestattet, neben ihrer Tätigkeit im Unternehmen auch als niedergelassener (freier) Rechtsanwalt tätig zu sein, sofern keine konkreten Interessenabwägungen – insbesondere Mandatskonflikte nach § 43a Abs. 4 BRAO – entgegenstehen. Voraussetzung hierfür ist, dass die Bestellung sowohl für die Tätigkeit als Syndikusrechtsanwalt als auch für diejenige als „klassischer“ Rechtsanwalt separat beantragt und erteilt wird („Doppelzulassung“). Es liegt jedoch in der Verantwortung beider Seiten – Anwalt und Arbeitgeber -, sicherzustellen, dass keine Interessenkollisionen oder Verletzungen der beruflichen Unabhängigkeit entstehen. Zudem muss die nebenberufliche anwaltliche Tätigkeit die arbeitsvertraglichen Vereinbarungen und eventuelle unternehmensinterne Compliance-Richtlinien beachten.

Welche Haftungsregelungen gelten für den Syndikusrechtsanwalt im Rahmen seiner Tätigkeit für das Unternehmen?

Im Unterschied zum selbständigen Rechtsanwalt besteht beim Syndikusrechtsanwalt grundsätzlich eine Einbindung in betriebliche Strukturen. Die Haftung richtet sich daher primär nach den Grundsätzen des Arbeitsrechts: Für Fehler im Rahmen der anwaltlichen Tätigkeit haftet regelmäßig zunächst das Unternehmen als Arbeitgeber („gesetzlicher Vertreter“), nicht der Syndikusrechtsanwalt in eigener Person, solange kein vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verhalten vorliegt. Gleichwohl kann bei schweren Pflichtverletzungen auch eine persönliche Inanspruchnahme erfolgen, insbesondere bei vorsätzlichem Fehlverhalten oder offensichtlicher Missachtung berufsrechtlicher Vorgaben. Berufsrechtlich ist zudem eine Berufshaftpflichtversicherung für Syndikusrechtsanwälte vorgeschrieben (§ 51 BRAO), deren Mindestversicherungssumme und Konditionen sich jedoch von denen freier Rechtsanwälte unterscheiden können.

Dürfen Syndikusrechtsanwälte Mandanten außerhalb ihres Unternehmens beraten oder vertreten?

Syndikusrechtsanwälte dürfen nach § 46 Abs. 5 BRAO ausschließlich „ihren Arbeitgeber“ oder dessen verbundene Unternehmen anwaltlich vertreten und beraten. Die Wahrnehmung externer Mandate – also die Beratung oder Vertretung Dritter – ist ihnen im Rahmen der Tätigkeit als Syndikusrechtsanwalt ausdrücklich untersagt. Zulässig ist eine solche Mandatsübernahme nur, sofern der Syndikusrechtsanwalt daneben auch als niedergelassener Anwalt zugelassen ist (Doppelzulassung) und klar zwischen den Tätigkeitsbereichen differenziert wird. Jede Vermischung von Unternehmens- und externen Mandaten widerspricht den berufsrechtlichen Regelungen und kann zu disziplinarischen Maßnahmen führen.