Begriffserklärung: Station in der mittelständischen Kanzlei
Der Begriff Station in einer mittelständischen Kanzlei bezeichnet verschiedene zeitlich und inhaltlich abgegrenzte Abschnitte oder Einsatzorte, an denen juristische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, insbesondere Referendarinnen und Referendare, im Rahmen ihrer Ausbildung oder Einarbeitung tätig werden. Die Station ist damit ein zentrales Element sowohl der praktischen Ausbildung im Rechtsreferendariat als auch der Personalstruktur von Kanzleien mittlerer Größe, die sich beispielsweise durch einen gewissen Grad an Spezialisierung, Mandatsvielfalt und Teamstruktur auszeichnen.
Rechtliche Grundlagen und Einordnung
Die rechtlichen Rahmenbedingungen für den Einsatz in einer Station sind vor allem im Deutschen Richtergesetz (DRiG) und den Ausbildungsverordnungen der Bundesländer geregelt. Im Kontext mittelständischer Kanzleien ergeben sich jedoch besondere Merkmale bezüglich der Einbindung, der Aufgabenstellung und der Verantwortungsbereiche im Vergleich zu größeren Sozietäten oder kleinen Einzelkanzleien.
Station im Referendariat
Im Rahmen des Rechtsreferendariats versteht man unter der Station einen der Ausbildungsabschnitte, die nach § 5 Abs. 2 DRiG vorgesehen sind. Die mittlere Kanzleistruktur bietet Referendarinnen und Referendaren in den unterschiedlichen Stationen – insbesondere der Anwaltsstation und gegebenenfalls der Wahlstation – die Möglichkeit, praktische Fähigkeiten unter realen Kanzleibedingungen zu erwerben.
Station als organisatorische Einheit
Jenseits des Referendariats bezeichnet Station auch interne organisatorische Abschnitte, beispielsweise Einarbeitungsphasen neuer Mitarbeiter, Hospitationen oder projektbezogene Mitarbeit in bestimmten Mandaten oder Rechtsgebieten.
Bedeutung der Station in der mittelständischen Kanzlei
Ausbildungsaspekte
Die Station in der mittelständischen Kanzlei bietet, anders als in Großkanzleien, meist einen umfassenden Einblick in verschiedene Tätigkeitsgebiete. Dies umfasst:
- Bearbeitung von Mandantenanfragen
- Ausarbeitung rechtlicher Schriftsätze und Verträge
- Teilnahme an Besprechungen und gerichtlichen Anhörungen
- Selbstständige Aktenbearbeitung unter Beachtung der Verschwiegenheitspflichten nach § 43a BRAO
Im Mittelstand profitieren Referendarinnen und Referendare insbesondere von persönlicher Betreuung, einer engen Einbindung in den Arbeitsalltag und der Möglichkeit, verschiedene Materien praktisch kennenzulernen.
Rechtliche Verpflichtungen der Kanzlei
Die mittelständische Kanzlei ist als Ausbildungsstelle nach den geltenden Vorschriften verpflichtet, eine strukturierte und qualifizierende Betreuung während der Station zu gewährleisten. Dies umfasst unter anderem:
- Vorauswahl geeigneter Ausbildungsbeauftragter (Mentoren)
- Sicherstellung der Einhaltung des Datenschutzes nach der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO)
- Bereitstellung geeigneter Arbeitsmittel und Ressourcen
- Gewährleistung einer Unterweisung in berufsrechtlichen Pflichten
Verantwortungsbereiche während der Station
Die Aufgabenverteilung während einer Station richtet sich nach den Qualifikationen der/des Mitarbeitenden und dem jeweils zugewiesenen Rechtsgebiet. Typische Tätigkeiten sind:
- Recherche und Analyse aktueller Rechtsfragen
- Entwurf von Schriftsätzen und Gutachten
- Unterstützung bei der Fristüberwachung (§ 43 BRAO, § 53 BRAO)
- Mitwirkung an Mandantengesprächen unter Anleitung
- Vorbereitung von Gerichtsterminen
Diese Aufgaben sind jeweils durch das Berufsrecht und die interne Kanzleiorganisation vorgegeben.
Station und Berufsrecht
Berufsrechtliche Rahmenbedingungen
Die Mitarbeit während einer Station unterliegt insbesondere dem anwaltlichen Berufsrecht. Hierzu zählen:
- Verpflichtung zur Verschwiegenheit (§ 43a Abs. 2 BRAO)
- Beachtung des Verbots der Vertretung widerstreitender Interessen (§ 43a Abs. 4 BRAO)
- Einhaltung der Sorgfaltspflichten im Umgang mit Akten und Dokumenten
Die mittelständische Kanzlei muss sicherstellen, dass Auszubildende und Mitarbeitende während der Station entsprechende Schulungen und Anweisungen erhalten, um diese Pflichten einzuhalten.
Arbeitsrechtliche Aspekte
Wird eine Station als Teil eines Arbeitsverhältnisses ausgestaltet (zum Beispiel als wissenschaftliche Mitarbeit), sind die üblichen arbeitsrechtlichen Vorschriften, insbesondere zu Arbeitszeit, Vergütung, Urlaub und Sozialversicherung, zu beachten. Im Falle von Referendaren regeln landesrechtliche Vorschriften Einzelheiten zur Unterstellung unter das staatliche Ausbildungsverhältnis.
Station und Datenschutz
Die Tätigkeit während der Station ist mit der Verarbeitung personenbezogener Daten von Mandanten verbunden. Daher bestehen im Rahmen der Station besondere Anforderungen hinsichtlich der Einhaltung der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO):
- Verpflichtungserklärung auf das Datengeheimnis
- Begrenzung des Datenzugriffs auf das Erforderliche
- Sensibilisierung zum Umgang mit besonders schützenswerten Daten
Mittelständische Kanzleien müssen geeignete technische und organisatorische Maßnahmen ergreifen, um die Vertraulichkeit auch während der Station zu sichern.
Bedeutung der Station für die Personalgewinnung
Insbesondere im Mittelstand wird die Station als Instrument der Nachwuchsgewinnung und Mitarbeiterbindung eingesetzt. Ein erfolgreich absolvierter Abschnitt kann als Sprungbrett in ein festes Arbeitsverhältnis dienen. Die transparente Gestaltung der Station sowie Feedbackroutinen verbessern die Attraktivität der Position.
Zusammenfassung
Die Station in der mittelständischen Kanzlei ist ein wesentlicher Baustein der rechtlichen Ausbildung und Personalstruktur. Sie ist rechtlich umfangreich geregelt und umfasst sowohl Ausbildungs-, berufsrechtliche und datenschutzrechtliche Aspekte als auch arbeitsrechtliche Besonderheiten. Durch die enge Einbindung und umfassende praktische Tätigkeit bietet die Station Vorteile für Auszubildende und Kanzlei gleichermaßen. Die sorgfältige Ausgestaltung der Station stellt einen wichtigen Beitrag zur Kanzleiqualität und zur Förderung des juristischen Nachwuchses im Mittelstand dar.
Häufig gestellte Fragen
Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen erfüllt sein, um die Anwaltsstation in einer mittelständischen Kanzlei absolvieren zu können?
Um die Anwaltsstation in einer mittelständischen Kanzlei im Rahmen des juristischen Vorbereitungsdienstes (Referendariat) antreten zu dürfen, muss der Referendar das Erste Juristische Staatsexamen erfolgreich bestanden und die darauf folgende Zuweisung zum juristischen Vorbereitungsdienst durch die jeweilige Landesjustizverwaltung erhalten haben. Die Auswahl einer mittelständischen Kanzlei als Ausbildungsstelle setzt voraus, dass die Kanzlei über eine approbierte Ausbildungsberechtigung verfügt, das heißt, mindestens ein Volljurist in der Kanzlei muss zur Ausbildertätigkeit befugt sein. Diese Befugnis wird in der Regel von der jeweiligen Rechtsanwaltskammer oder durch das zuständige Oberlandesgericht geprüft. Zusätzlich müssen die Ausbildungsziele der Station sichergestellt werden, insbesondere die praktische Einweisung des Referendars in die Tätigkeit eines Rechtsanwalts gemäß § 53 Abs. 1 DRiG (Deutsches Richtergesetz). Die konkrete Auswahl der Station setzt häufig auch das Einverständnis des Stationsanbieters (Kanzlei) voraus, wobei die Referendare eigenständig Kontakt aufnehmen oder den Zuweisungswunsch im Rahmen der Ausbildungsplanung beim Landgericht angeben müssen.
Welche Tätigkeiten dürfen Referendare während ihrer Station in einer mittelständischen Kanzlei rechtlich ausüben?
Referendare dürfen während ihrer Anwaltsstation eine Vielzahl juristischer Tätigkeiten ausführen. Diese reichen von der eigenständigen Bearbeitung von Mandaten (vorbehaltlich der Kontrolle durch den Ausbilder) über das Entwerfen von Rechtsgutachten, Schriftsätzen und Verträgen bis hin zur Teilnahme an Mandantengesprächen, Gerichtsterminen oder außergerichtlichen Verhandlungen. Gemäß § 139 BRAO (Bundesrechtsanwaltsordnung) ist es ihnen jedoch untersagt, Rechtsdienstleistungen selbstständig und in eigenem Namen anzubieten oder Honorar hierfür zu fordern. Die Verantwortung für die geprüften Arbeiten verbleibt stets beim ausbildenden Rechtsanwalt, der alle vom Referendar ausgearbeiteten Schriftsätze oder Verträge vor ihrer Übersendung an das Gericht oder den Mandanten freigeben muss. Prozessuale Vertretung vor Gericht ist dem Referendar ebenfalls nur im Beisein oder im Auftrag des Ausbilders gestattet.
Welche rechtlichen Grenzen bestehen hinsichtlich Verschwiegenheit und Datenschutz in der mittelständischen Kanzlei für Referendare?
Referendare unterliegen gemäß § 43a Abs. 2 BRAO der anwaltlichen Verschwiegenheitspflicht und den datenschutzrechtlichen Bestimmungen wie jeder Rechtsanwalt. Sie müssen sämtliche Mandats- und Geschäftsgeheimnisse streng vertraulich behandeln und Dritten keine Informationen zugänglich machen. Verstöße gegen diese Pflichten können sowohl disziplinarrechtliche als auch strafrechtliche Konsequenzen gemäß § 203 StGB zur Folge haben. Zudem müssen Referendare aktiv auf die Einhaltung der datenschutzrechtlichen Vorschriften der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) achten, beispielsweise bei der Verwendung sensibler personenbezogener Daten oder der Bearbeitung elektronischer Mandatsakten.
Welche Regelungen gelten für die Vergütung von Referendaren in einer mittelständischen Kanzlei?
Die Vergütung von Referendaren in einer mittelständischen Kanzlei ist rechtlich nicht zwingend geregelt und beruht auf freiwilligen Vereinbarungen zwischen der Kanzlei und dem Referendar. Es besteht kein gesetzlicher Anspruch auf eine Vergütung während der Anwaltsstation. Viele mittelständische Kanzleien gewähren jedoch eine monatliche Aufwandsentschädigung, die in ihrer Höhe stark variieren kann. Eine Vergütung darf nur gezahlt werden, wenn sie nicht im Widerspruch zu beamtenrechtlichen Bestimmungen steht, insbesondere, wenn der Referendar bereits Bezüge vom Land erhält und etwaige Anrechnungspflichten gemäß § 49 Abs. 2 BeamtVG Beachtung finden.
Welche rechtlichen Möglichkeiten bestehen für eine Verlängerung oder Verkürzung der Anwaltsstation?
Gemäß den Ausbildungsordnungen der jeweiligen Bundesländer ist die Dauer der Anwaltsstation in der Regel fest vorgegeben (meistens neun Monate). Eine Verkürzung ist praktisch ausgeschlossen, da der Ausbildungsplan für das zweite Staatsexamen zwingend ist. Eine Verlängerung der Station ist nur ausnahmsweise möglich, etwa bei längerer krankheitsbedingter Abwesenheit, Elternzeit oder im Falle besonderer Härte. Die hierfür erforderlichen rechtlichen Anträge sind rechtzeitig bei der zuständigen Ausbildungsbehörde zu stellen und müssen entsprechend belegt werden.
Welche Haftungsfragen können sich im Rahmen der Referendarstätigkeit in einer mittelständischen Kanzlei ergeben?
Für Fehler, die einem Referendar im Rahmen seiner Tätigkeit unterlaufen, haftet grundsätzlich der ausbildende Rechtsanwalt, da die Arbeiten des Referendars immer unter dessen Aufsicht und mit dessen Verantwortung erfolgen müssen. Sollte dennoch ein Schaden entstehen, muss die Kanzlei dafür Sorge tragen, dass eine ausreichende Berufshaftpflichtversicherung besteht, welche auch die Tätigkeit von Referendaren abdeckt. Referendare selbst haften nur im Falle grober Fahrlässigkeit oder Vorsatzes eigenständig und regelmäßig nur subsidiär.
Welche gesetzlichen Fortbildungspflichten bestehen für Referendare während der Anwaltsstation?
Während der Anwaltsstation unterliegen Referendare nicht den typischen Fortbildungs- und Weiterbildungsverpflichtungen wie zugelassene Anwälte es gemäß § 43c BRAO tun. Allerdings ist es Aufgabe des Ausbilders, die Referendare an die anwaltliche Praxis heranzuführen und ihnen relevante Fähigkeiten und Kenntnisse zu vermitteln. In einigen Bundesländern gehören Pflichtarbeitsgemeinschaften und Klausuren zur Ausbildung, an denen die Referendare teilnehmen müssen. Darüber hinausgehende Fortbildungen können freiwillig besucht werden, um das Praxiswissen zu vertiefen.