Secondment
Definition und Herkunft des Begriffs
Der Begriff „Secondment“ stammt aus dem Englischen und bezeichnet im beruflichen Kontext die vorübergehende Abordnung oder Entsendung einer Mitarbeiterin oder eines Mitarbeiters von einer Organisationseinheit zu einer anderen. Wörtlich übersetzt bedeutet „to second“ jemanden abordnen oder zeitweise versetzen. Im deutschen Sprachraum hat sich der englische Begriff etabliert, insbesondere in international geprägten Arbeitsumfeldern wie Anwaltskanzleien, Unternehmensberatungen und Großunternehmen.
Ein Secondment ist typischerweise zeitlich befristet und kann sowohl innerhalb desselben Unternehmens (innerbetrieblich) als auch unternehmensübergreifend erfolgen. Das Ziel besteht häufig darin, bestimmte Projekte zu unterstützen, Know-how zu transferieren oder internationale Erfahrungen zu sammeln.
Bedeutung im Kanzleikontext
Im Umfeld einer Kanzlei wird „Secondment“ häufig verwendet, um Einsätze zu beschreiben, bei denen Mitarbeitende für einen bestimmten Zeitraum (in der Regel mehrere Monate) außerhalb der eigenen Kanzlei tätig werden. Typische Konstellationen sind:
- Entsendung zu Mandanten (Kundensecondment): Mitarbeitende arbeiten für eine begrenzte Zeit direkt beim Mandanten, unterstützen dessen Rechtsabteilung und gewinnen wertvolle Einblicke in die Abläufe und Anforderungen auf Mandantenseite.
- Entsendung zu Partnerkanzleien oder in andere Länder (internationales Secondment): Hierbei wird ein befristeter Einsatz in einer Partnerkanzlei, häufig im Ausland, ermöglicht. Dies erweitert die interkulturellen Kompetenzen und fördert das Verständnis für internationale Zusammenhänge.
Secondments gelten in vielen Kanzleien als wichtiger Bestandteil der Personalentwicklung und bieten Gelegenheit zur fachlichen und persönlichen Weiterentwicklung sowie zum beruflichen Networking.
Rahmenbedingungen
Rechtliche Aspekte
Secondments unterliegen bestimmten arbeitsrechtlichen, steuerlichen und oft auch aufenthaltsrechtlichen Rahmenbedingungen. Im Falle eines grenzüberschreitenden Secondments müssen gegebenenfalls Visa-Bestimmungen, die sozialversicherungsrechtliche Einstufung oder steuerliche Regelungen beachtet werden. Die genaue Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses – beispielsweise wer als Arbeitgeber während des Secondments auftritt – wird üblicherweise im Rahmen einer Entsendevereinbarung geregelt.
Organisatorische Aspekte
Vor Beginn eines Secondments werden in der Regel Ziel, Dauer und Aufgabenbereich vertraglich oder per Zusatzvereinbarung festgelegt. Für einen reibungslosen Ablauf ist eine enge Abstimmung zwischen der entsendenden Kanzlei, der aufnehmenden Einheit und gegebenenfalls dem Mandanten erforderlich. Die Rückkehrstrategie und Reintegration in das bisherige Arbeitsumfeld sollte ebenfalls berücksichtigt werden.
Kulturelle Aspekte
Ein Secondment, insbesondere im internationalen Kontext, stellt besondere Anforderungen an die Anpassungsfähigkeit und interkulturelle Kompetenz der entsandten Person. Der Austausch von Arbeitsweisen, der Erwerb neuer Perspektiven und die Intensivierung der Beziehungen zwischen den beteiligten Einheiten stehen hier im Vordergrund.
Praxisbeispiele und typische Szenarien
- Mitarbeit in der Rechtsabteilung eines Mandanten: Eine Kanzleimitarbeiterin arbeitet im Rahmen eines sechsmonatigen Secondments direkt vor Ort bei einem Industrieunternehmen, um ein Großprojekt rechtlich zu begleiten. Hierbei lernt sie die Strukturen des Mandanten intensiv kennen und trägt zur gegenseitigen Vertrauensbildung bei.
- Internationales Secondment: Ein Associate wird für drei Monate in das Londoner Büro einer internationalen Partnerkanzlei entsandt, um dort an grenzüberschreitenden Transaktionen mitzuwirken und Einblicke in die englische Rechtsanwendung zu erhalten.
- Interne Abordnung: Innerhalb einer Kanzlei mit verschiedenen Standorten übernimmt ein Teammitglied für ein halbes Jahr Aufgaben in einer anderen Stadt, um länderspezifische Kenntnisse aufzubauen und den unternehmensinternen Austausch zu fördern.
Unterschiede zu ähnlichen Begriffen und mögliche Missverständnisse
Secondment wird gelegentlich mit ähnlichen Konzepten wie „Praktikum“, „Hospitanz“ oder „Job Rotation“ verwechselt. Während Praktika und Hospitanzen häufig der Ausbildung oder dem Kennenlernen eines neuen Tätigkeitsfelds dienen, ist das Secondment in der Regel für bereits festangestellte Mitarbeitende und dient der projektbezogenen oder strategischen Weiterentwicklung. Die Verantwortung und Integration während eines Secondments sind üblicherweise höher als bei einem Praktikum oder einer Hospitanz.
Job Rotation bezieht sich wiederum meist auf einen systematischen Arbeitsplatzwechsel innerhalb eines Unternehmens zur allgemeinen Qualifizierung. Secondment ist hingegen meist punktuell und auf bestimmte Einsätze bzw. Projekte zugeschnitten.
Häufig gestellte Fragen
Wie lange dauert ein Secondment in der Regel?
Secondments dauern typischerweise zwischen einigen Wochen und mehreren Monaten, abhängig vom Zweck und den Rahmenbedingungen des Einsatzes.
Kann ein Secondment zu einer dauerhaften Versetzung führen?
In den meisten Fällen ist das Secondment befristet, gelegentlich führt es jedoch zu weiterführenden Einsatzmöglichkeiten oder einer dauerhaften Übernahme am neuen Standort.
Welche Vorteile bietet ein Secondment für Berufsanfängerinnen und -anfänger?
Ein Secondment ermöglicht ein vertieftes Verständnis für die Arbeit beim Mandanten oder in einer internationalen Umgebung, fördert den Ausbau beruflicher Netzwerke und kann für die persönliche Weiterentwicklung von großer Bedeutung sein.
Wer trägt die Kosten eines Secondments?
Die Kosten werden üblicherweise von der entsendenden oder aufnehmenden Kanzlei beziehungsweise vom Mandanten getragen. Die genaue Regelung wird individuell vereinbart.
Ist ein Secondment verpflichtend?
Secondments sind grundsätzlich freiwillig und oft Teil von individuellen Entwicklungsplänen. Sie können jedoch fester Bestandteil von Programmen zur Personalentwicklung in einigen Kanzleien sein.
Wie wirkt sich ein Secondment auf die Karriere aus?
Durch das Sammeln praktischer Erfahrungen und die Erweiterung des beruflichen Netzwerks kann ein Secondment die Weiterentwicklung und Karrierechancen positiv beeinflussen.
Dieser Artikel soll Orientierung und praktische Einblicke in die Bedeutung von Secondments im Kanzleikontext vermitteln und zur Klärung wichtiger Fragen beitragen.
Häufig gestellte Fragen
Wie wird arbeitsrechtlich die Weisungsbefugnis während eines Secondments geregelt?
Während eines Secondments – also der vorübergehenden Überlassung eines Arbeitnehmers an einen Dritten – bleibt grundsätzlich das ursprüngliche Arbeitsverhältnis (zum „Entleiher“) bestehen. Arbeitsrechtlich wird die Weisungsbefugnis während des Zeitraums der Überlassung regelmäßig auf den Dritten („Entleiher“ oder „Host“) übertragen, zumindest in Bezug auf sachlich-inhaltliche, zeitliche und örtliche Anweisungen zur Arbeitserfüllung. Allerdings verbleiben sogenannte arbeitsvertragliche Basispflichten, wie etwa die Gehaltszahlung, die Gewährung von Urlaub und das Recht auf Abmahnung oder Kündigung, weiterhin beim ursprünglichen Arbeitgeber („Verleiher“). Maßgeblich ist, inwieweit die Anordnungsbefugnisse im Secondment-Vertrag oder einer Drei-Parteien-Vereinbarung (z.B. Host, Secondee und Home Office), detailliert geregelt werden, um etwaige arbeitsrechtliche Konflikte oder Unklarheiten hinsichtlich der Direktionsrechte zu vermeiden.
Welche Besonderheiten sind bei der sozialversicherungsrechtlichen Behandlung eines Secondments zu beachten?
Bei grenzüberschreitenden Secondments stellt sich die Frage, welches Sozialversicherungsrecht für den entsandten Arbeitnehmer zur Anwendung kommt. Innerhalb der EU/EWR und der Schweiz gelten die Regelungen der VO (EG) 883/2004, nach denen grundsätzlich das Sozialversicherungsrecht des Entsendestaates für einen Zeitraum von bis zu 24 Monaten weitergelten kann, sofern der Arbeitnehmer im Interesse seines Arbeitgebers entsendet wird und nicht zur Ablösung einer anderen entsandten Person dient. Für Staaten außerhalb der EU/EWR ist zu prüfen, ob ein bilaterales Sozialversicherungsabkommen besteht. Ist dies nicht gegeben, droht eine sogenannte „Doppelversicherung“ – der Arbeitnehmer müsste dann u.U. sowohl im Heimatstaat als auch im Gaststaat Beiträge entrichten. Hier bedarf es stets einer genauen Einzelfallprüfung.
Wer trägt die arbeitsrechtliche Fürsorgepflicht während eines Secondments und wie ist diese ausgestaltet?
Die arbeitsrechtliche Fürsorgepflicht bleibt primär beim entsendenden Arbeitgeber. Dieser ist verpflichtet, auch während eines Secondments das Wohl und die Rechte des entsandten Mitarbeiters im Blick zu behalten. Dies betrifft insbesondere die Einhaltung von Arbeits- und Gesundheitsschutzbestimmungen, faire Arbeitsbedingungen und gegebenenfalls Unterstützung bei Visa und Aufenthaltsangelegenheiten. Dennoch sollte vertraglich festgelegt sein, dass der aufnehmende Betrieb (Host) ebenso zur Wahrung der Fürsorgepflichten im Hinblick auf die örtlichen Arbeitsplatzgegebenheiten verantwortlich ist (etwa im Rahmen des Arbeitsschutzes oder der Bereitstellung notwendiger Arbeitsmittel), sodass eine sogenannte „doppelte Fürsorgepflicht“ entsteht.
Welche Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats sind bei Secondments zu beachten?
Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats richtet sich danach, ob es sich um eine vorübergehende Versetzung im Sinne des § 95 Abs. 3 BetrVG handelt. Ein Secondment mit einer Dauer von mehr als einem Monat wird in der Regel als Versetzung betrachtet und bedarf daher der Mitbestimmung des Betriebsrats. Zudem kann die Tätigkeitsaufnahme im Ausland gegebenenfalls eine Unterrichtung und Mitwirkung nach § 99 BetrVG (Personelle Einzelmaßnahmen) erfordern. Wird für das Secondment ein neuer Arbeitsvertrag oder eine Zusatzvereinbarung geschlossen, muss ggf. auch eine Beteiligung des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG (Ordnung des Betriebs und Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb) erfolgen.
Welche arbeitsrechtlichen Informationspflichten bestehen bei einem Secondment?
Der Arbeitgeber muss dem Arbeitnehmer spätestens vor Antritt des Secondments sämtliche relevanten arbeitsvertraglichen Änderungen schriftlich mitteilen, insbesondere solche, die das Tätigkeitsfeld, die Entlohnung, die Dauer, den Einsatzort und etwaige Sonderregelungen (wie Auslandszuschläge oder Rückkehrmodalitäten) betreffen. Nach dem Nachweisgesetz (NachwG) besteht eine umfassende Informationspflicht hinsichtlich aller wesentlichen Arbeitsbedingungen. Im internationalen Kontext sind zudem Informationen über das anwendbare Arbeitsrecht, Besteuerung und ggf. sozialversicherungsrechtliche Aspekte zu erteilen.
Wie ist die Rückkehr aus dem Secondment arbeitsrechtlich abzusichern?
Um Streitigkeiten zu vermeiden, sollte arbeitsvertraglich bereits bei Abschluss der Secondment-Vereinbarung verbindlich geregelt werden, welches Rückkehrrecht der Mitarbeiter hat, auf welchen Arbeitsplatz oder in welcher Funktion die Rückkehr erfolgt sowie wie eventuelle Anpassungs- oder Wiedereingliederungsmaßnahmen ablaufen. Auch Themen wie Übernahme von Kosten für Rückumzug, Familiennachzug oder die Berücksichtigung währenddes Secondments erworbener Qualifikationen können hier bereits vertraglich bestimmt werden. Dadurch wird Rechtssicherheit sowohl für den Arbeitnehmer als auch für das Unternehmen gewährleistet.
Welche arbeitsrechtlichen Konsequenzen ergeben sich bei vorzeitiger Beendigung eines Secondments?
Bei einer vorzeitigen Beendigung, sei sie auf Wunsch des Arbeitgebers, des Host-Unternehmens oder des Mitarbeiters begründet, greifen die im Secondment-Vertrag vereinbarten Rücktritts- oder Kündigungsregelungen. Arbeitsrechtlich ist stets zu prüfen, ob ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Beendigung vorliegt oder ob reguläre Kündigungsfristen zu beachten sind. Darüber hinaus muss geklärt werden, welche arbeitsvertraglichen Rechte und Pflichten (wie Rückkehr in die alte Position, Abwicklung offener Entgeltbestandteile oder Ansprüche auf Reisekostenerstattung) bestehen. Alle Parteien sollten daher vorab eindeutige Regelungen für den Fall einer vorzeitigen Beendigung treffen, um Rechtsunsicherheit zu vermeiden.