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Schriftliche Klausuren im 2. Examen


Schriftliche Klausuren im 2. Examen

Begriff und Bedeutung

Die schriftlichen Klausuren im 2. Examen, auch als Assessorexamen oder Zweites Staatsexamen bezeichnet, sind ein zentraler Bestandteil der zweiten juristischen Staatsprüfung in Deutschland. Sie stellen neben der mündlichen Prüfung eine der beiden Hauptkomponenten des Prüfungsverfahrens zur Erlangung der Befähigung zum Richteramt dar und sind Voraussetzung für die Zulassung zu zahlreichen juristischen Berufen. Die schriftlichen Prüfungsleistungen dienen der Feststellung, inwieweit die Prüflinge über die zur Ausübung einer qualifizierten juristischen Tätigkeit erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten verfügen.

Rechtliche Grundlagen

Gesetzliche Regelungen

Die Durchführung und Ausgestaltung der schriftlichen Klausuren im 2. Examen ist im Deutschen Richtergesetz (DRiG), in den jeweiligen Juristenausbildungsgesetzen der Länder (JAG) sowie in den dazugehörigen Verordnungen über das Prüfungswesen geregelt. Die folgende Übersicht gibt exemplarisch die Rahmenbedingungen wieder, die in den einzelnen Bundesländern Ähnlichkeiten aufweisen, jedoch im Detail voneinander abweichen können.

Ziel und Funktion

Die schriftlichen Klausuren verfolgen das Ziel, die Fähigkeit zur eigenständigen Bearbeitung umfangreicher, praxisnaher Fälle aus verschiedenen Rechtsgebieten nachzuweisen. Neben der fachlichen Richtigkeit wird insbesondere die methodische Herangehensweise, die praktische Umsetzbarkeit der Lösungen und die Beachtung prozessualer Anforderungen bewertet.

Aufbau und Ablauf

Anzahl und Verteilung der Klausuren

Je nach Bundesland variiert die Anzahl der zu schreibenden Klausuren in der zweiten juristischen Staatsprüfung. In der Regel sind acht bis zehn Klausuren innerhalb eines festgelegten Zeitraums (meist zwei Wochen) anzufertigen. Inhaltlich verteilen sie sich typischerweise auf folgende Rechtsgebiete:

  • Zivilrecht: etwa vier bis fünf Klausuren,
  • Strafrecht: ein bis zwei Klausuren,
  • Öffentliches Recht: zwei bis drei Klausuren,
  • Wahlfach: eine Klausur, abhängig von der gewählten Vertiefung.

Form und Umfang

Die Klausuren sind überwiegend als vollständige Entwürfe von Gerichtsentscheidungen, Urteilen, Beschlüssen, Klageschriften oder Anklagen gestaltet. Der Umfang beträgt meist fünf bis acht Stunden Bearbeitungszeit pro Klausur. Die Bearbeitung erfordert eine fallbezogene Lösung anhand eines umfangreichen Sachverhalts, der prozessuale und materiell-rechtliche Probleme beinhaltet.

Prüfungsorte und Durchführung

Die Anfertigung der Klausuren erfolgt unter Aufsicht in ausgewählten Prüfungsräumen, wobei Hilfsmittelbenutzung (in Form von zugelassenen Gesetzestexten und Kommentare ohne Anmerkungen) nach landesrechtlichen Bestimmungen geregelt ist. Die Prüfungsaufsicht achtet auf die Einhaltung der Prüfungsordnung, insbesondere auf Chancengleichheit und Unparteilichkeit.

Bewertungsmaßstab und Korrektur

Bewertungskriterien

Die Bewertung der schriftlichen Prüfungsleistungen erfolgt an Hand eines festgelegten Notenschlüssels, der bundesweit weitgehend einheitlich ist. Entscheidende Kriterien sind:

  • Sachliche Richtigkeit der Lösung,
  • Vollständigkeit der Bearbeitung,
  • Systematische und methodische Argumentation,
  • Juristische Ausdrucksfähigkeit,
  • Praktische Umsetzbarkeit,
  • Formale Korrektheit und Gliederung.

Der Schwerpunkt liegt auf der praxisgerechten Lösung und der richtigen Gewichtung rechtlicher Problempunkte unter Berücksichtigung der gefundenen Argumentationslinien.

Korrekturverfahren

Die Klausuren werden in der Regel von zwei unabhängigen Prüferinnen oder Prüfern korrigiert und bewertet. Im Falle erheblicher Notendifferenzen ist ein dritter Prüfer hinzuzuziehen. Die Noten werden in Punkten nach dem 18-Punkte-System vergeben, wobei für das Bestehen der schriftlichen Prüfung eine Mindestpunktzahl erreicht werden muss.

Rechtsmittel und Prüfungsanfechtung

Gegen die Bewertung der schriftlichen Prüfungsleistungen bestehen nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) Rechtschutzmöglichkeiten. Ein Widerspruch oder eine Klage kann insbesondere auf Bewertungsfehler, Verfahrensverstöße oder sonstige rechtserhebliche Mängel gestützt werden. Die gerichtliche Überprüfung ist jedoch auf Bewertungsfehler begrenzt, die außerhalb des prüfungsspezifischen Beurteilungsspielraums liegen.

Bedeutung im Prüfungsverfahren

Die Ergebnisse der schriftlichen Klausuren haben in der zweiten juristischen Staatsprüfung ein besonders hohes Gewicht. Sie machen einen Großteil der Endnote aus und sind zudem Voraussetzung für die Zulassung zur mündlichen Prüfung. Ein Nichtbestehen der schriftlichen Prüfung führt regelmäßig zum Ausschluss von der weiteren Teilnahme am Examen.

Vorbereitung und Relevanz für die Laufbahn

Die Vorbereitung auf die schriftlichen Klausuren ist von besonderer Bedeutung, da im 2. Staatsexamen die anwaltliche, richterliche oder verwaltungsbezogene Praxisfähigkeit geprüft wird. Die erfolgreiche Absolvierung ist nicht nur Voraussetzung für die Eintragung in die bei den Ländern geführten Listen der zur Rechtspflege berechtigten Personen, sondern auch für den Zugang zu zahlreichen juristischen Berufsfeldern in Deutschland.


Hinweis: Die konkreten Ausgestaltungen und Voraussetzungen können je nach Bundesland abweichen. Für verbindliche Informationen gelten die jeweiligen landesrechtlichen Bestimmungen und die Verlautbarungen der zuständigen Prüfungsstellen.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Rahmenbedingungen gelten für die Durchführung schriftlicher Klausuren im 2. Staatsexamen?

Die Durchführung schriftlicher Klausuren im 2. Staatsexamen unterliegt strengen gesetzlichen Vorgaben, die sich im Wesentlichen aus dem jeweiligen Landesjustizprüfungsordnung (LJPA), den Justizausbildungsgesetzen der Länder und den allgemeinen Verwaltungsvorschriften ergeben. Diese Regelungen enthalten unter anderem Bestimmungen zur Anzahl und Art der Examensklausuren, deren Dauer, zur Aufsicht, zum Zugang und zu Ausschlussgründen, zu Hilfsmitteln sowie zum Umgang mit Täuschungsversuchen. Die Zulassung zur Prüfung, die Anforderungen an den Prüfungsort und die Bedingungen (z. B. Barrierefreiheit, Zeitverlängerungen bei Nachteilsausgleich), ebenso wie Fristen zur Anfertigung oder zur Möglichkeit der Wiederholung, sind explizit geregelt und unterliegen regelmäßig auch gerichtlicher Überprüfung. Zudem bestehen rechtlich abgesicherte Regelungen zum Schutz personenbezogener Daten und zur Anonymisierung der Arbeiten.

Welche Rechte haben Prüfungskandidaten im Hinblick auf Nachteilsausgleich in den schriftlichen Examensprüfungen?

Prüflinge haben nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) und vergleichbaren Regelungen in den jeweiligen Justizausbildungsgesetzen einen rechtlich geschützten Anspruch auf einen angemessenen Nachteilsausgleich, wenn sie körperlich oder gesundheitlich beeinträchtigt sind. Dazu gehören insbesondere Verlängerungen der Bearbeitungszeit, technische Hilfsmittel oder individuelle Sitzplätze. Der Antrag dazu muss rechtzeitig und mit entsprechenden Nachweisen vorgelegt werden. Über die Gewährung entscheidet die Prüfungsbehörde nach pflichtgemäßem Ermessen, wobei die Maßnahme geeignet, erforderlich und angemessen zur Kompensation des Nachteils sein muss, ohne den Leistungsstandard der Prüfung zu beeinträchtigen. Entscheidungen darüber können rechtlich – auch im Eilverfahren – überprüft werden.

Wie ist das rechtliche Vorgehen bei Täuschungsversuchen oder Ordnungsverstößen während der Klausuren geregelt?

Das Vorgehen bei Täuschungsversuchen oder Ordnungsverstößen ergibt sich aus den einschlägigen Prüfungsordnungen sowie aus allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzen. Prüflinge, die täuschen oder den Prüfungsablauf stören, können von der weiteren Teilnahme ausgeschlossen werden. Die Arbeit kann je nach Schwere des Verstoßes ganz oder teilweise mit null Punkten bewertet werden. Der Ausschluss oder die Annullierung einer Prüfungsleistung ist ein belastender Verwaltungsakt, gegen den Rechtsmittel wie Widerspruch oder Klage zulässig sind. Die Prüfungsbehörde muss die Entscheidung detailliert begründen und dem Prüfling rechtliches Gehör gewähren.

Welche rechtlichen Aspekte sind bei der Bewertung und Korrektur der schriftlichen Examensklausuren zu beachten?

Die Bewertung der Klausuren muss nach objektiven, transparenten und nachvollziehbaren Kriterien erfolgen, die sich aus den landesrechtlichen Ausbildungsordnungen sowie einschlägigen Rechtsprechung ableiten lassen. Die Korrektoren sind verpflichtet, die Beurteilung zu begründen und den Erwartungshorizont einzuhalten. Ungerechtfertigte Bewertungsabweichungen, Bewertungsfehler oder Verfahrensmängel (z. B. Befangenheit eines Prüfers) sind rechtlich angreifbar. Die Prüflinge haben Anspruch auf Akteneinsicht, um etwaige Bewertungsfehler überprüfen zu können, und gegebenenfalls das Recht, gegen die Bewertung Widerspruch einzulegen oder verwaltungsgerichtliche Klage zu erheben.

Welche Aufbewahrungsfristen und datenschutzrechtlichen Bestimmungen gelten für Examensklausuren?

Für die Aufbewahrung und Verarbeitung der Examensklausuren und der personenbezogenen Daten der Prüflinge bestehen, gestützt auf landesrechtliche Archivierungs- und Datenschutzgesetze sowie die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), strenge Bestimmungen. Die Prüfungsunterlagen sind für eine bestimmte, meist in den Landesprüfungsordnungen festgelegte Frist (häufig zwischen 3 und 5 Jahren) aufzubewahren. Während dieser Zeit hat der Prüfling das Recht auf Akteneinsicht, sofern keine berechtigten Ausschlussgründe vorliegen. Nach Ablauf der Frist sind die Arbeiten ordnungsgemäß und datenschutzkonform zu vernichten.

Welche Regelungen gelten für die Zulassung zu den schriftlichen Examensprüfungen?

Die Zulassung zu den schriftlichen Examensprüfungen ist in den Justizausbildungsgesetzen der Länder und den Landesjustizprüfungsordnungen geregelt. Voraussetzung ist in der Regel das ordnungsgemäße Absolvieren des juristischen Vorbereitungsdienstes sowie das frist- und formgerechte Einreichen aller Anmeldeunterlagen. Die Prüfungsbehörden überprüfen zudem, ob Versäumnisgründe oder Hinderungsgründe wie Krankheiten (bei Vorlage eines Attests) oder Mutterschutz vorliegen, die das Recht auf Zulassung beziehungsweise Verschiebung der Prüfung begründen können. Entscheidungen über die Zulassung sind Verwaltungsakte und können im Rechtsweg überprüft werden.