Definition und Begriffserklärung: Repetitorium (Referendariat)
Das Repetitorium (Referendariat) bezeichnet in Deutschland eine auf das Zweite Juristische Staatsexamen vorbereitende Lernveranstaltung. Es handelt sich hierbei um eine strukturierte und systematische Prüfungsvorbereitung, die angehende Volljuristen (Referendare) als Ergänzung zum staatlichen juristischen Vorbereitungsdienst während ihres Referendariats nutzen. Anders als allgemeinsprachliche Repetitorien unterscheiden sich Repetitorien im Referendariat von universitären Veranstaltungen, da sie außerhalb des regulären Ausbildungsbetriebs insbesondere durch private Anbieter organisiert und durchgeführt werden.
Der Begriff leitet sich vom lateinischen „repetere“ (wiederholen) ab und beschreibt im Kontext des juristischen Vorbereitungsdienstes einen mehrmonatigen Kurs zur Wiederholung und Vertiefung von prüfungsrelevantem Stoff und zur gezielten Vorbereitung auf das zweite juristische Staatsexamen (Assessorprüfung). Neben der Vermittlung von Rechtswissen steht das praktische Einüben von Examensaufgaben und das Erarbeiten von Klausurtechniken im Vordergrund.
Rechtlicher Hintergrund des Repetitoriums im Referendariat
Gesetzliche Rahmenbedingungen
Das zweite Staatsexamen ist als Abschlussprüfung des juristischen Vorbereitungsdienstes durch die jeweiligen Landesjustizprüfungsordnungen (z.B. JAG, JAPrO) geregelt. Diese schreiben einen Vorbereitungsdienst, bestehend aus Pflichtstationen und Arbeitsgemeinschaften, zwingend vor. Die Teilnahme an Repetitorien ist rechtlich hingegen nicht vorgeschrieben; sie stellen ein freiwilliges Zusatzangebot dar.
Gesetzlich sind staatliche und private Repetitorien voneinander abzugrenzen: Während Arbeitsgemeinschaften verpflichtender Teil der rechtlichen Ausbildung sind und hoheitlich durch die Justiz oder Hochschulen organisiert werden, sind Repetitorien private oder universitäre Zusatzkurse ohne rechtliche Verpflichtung oder Anerkennung für die Ausbildung.
Zulassungsvoraussetzungen und Zugangsregeln
Um an einem Repetitorium teilnehmen zu können, bedarf es in der Regel der Immatrikulation oder der Anmeldung im juristischen Vorbereitungsdienst eines Bundeslandes. Eine formale Zulassungsvoraussetzung existiert für private oder universitäre Repetitorien jedoch nicht, sofern nicht deren Veranstalter Zugangsbeschränkungen aufstellen. Die staatliche Ausbildung, insbesondere Arbeitsgemeinschaften, bleibt davon unberührt.
Verhältnis zu staatlichen Ausbildungsinhalten
Das Repetitorium (Referendariat) wird ergänzend zu den verpflichtenden Arbeitsgemeinschaften, Stationsausbildungen und Selbststudium besucht. Besonders die Vermittlung von methodischen Kompetenzen für die Anfertigung von Examensklausuren steht im Mittelpunkt. Ein rechtsverbindlicher Vorrang oder Ausschluss von Repetitorien durch staatliche Ausbildungsinhalte besteht nicht, gleichwohl der Gesetzgeber eine ausreichend intensive Pflichtausbildung durch staatliche Angebote sicherstellen muss.
Formen und Inhalte von Repetitorien im Referendariat
Formen des Repetitoriums
Repetitorien werden in folgenden Formen angeboten:
- Präsenzkurse: Kontinuierliche Veranstaltungsreihen mit regelmäßigen Terminen und persönlicher Unterrichtsteilnahme.
- Online-Repetitorien: Digitale Lernplattformen und Livestreams mit ortsunabhängigem Zugang zu Lehrinhalten.
- Crashkurse/Intensivkurse: Kurzzeitige, besonders verdichtete Schulungsangebote für die unmittelbare Examensvorbereitung.
- Heimarbeitsprogramme: Lernbriefe, Skripten und Selbststudiumskonzepte, die unabhängig vom Präsenzunterricht bearbeitet werden.
Inhaltliche Schwerpunkte
Die Kursinhalte orientieren sich am Prüfungsstoff der jeweiligen Landesjustizprüfungsämter und umfassen vorrangig:
- Wiederholung des materiellen und formellen Rechts (BGB, StPO, ZPO, GG, VwGO etc.)
- Vertiefung der prozessualen Kenntnisse (insbesondere im Zivil-, Straf- und öffentlichen Recht)
- Klausurtechniken und Gutachtenstil
- Analyse und Besprechung von Originalexamensklausuren
- Mediation und Aktenvortrag
Teilweise werden auch Ergänzungen wie Einzelcoachings, Aktenvortragstrainings oder spezifische Schwerpunktlehrgänge angeboten.
Rechtliche Bewertung des Repetitoriums im Referendariat
Zulässigkeit und Gleichbehandlung
Da Repetitorien keine Prüfungsbestandteile des Vorbereitungsdienstes sind und nicht zu einer Benachteiligung oder Bevorzugung führen, solange die Teilnahme freiwillig erfolgt, bestehen gegen deren Angebot und Nutzung keine rechtlichen Bedenken. Eine Benachteiligung öffentlich-rechtlicher Staatsexamenskandidaten ist grundsätzlich nicht feststellbar, da das Angebot nicht selektiv beschränkt wird.
Datenschutz und Schweigepflichten
Bei der Nutzung von Repetitorien, insbesondere wenn Originalklausuren oder personenbezogene Daten verwendet werden, ist der Datenschutz zu beachten. Repetitorien sind verpflichtet, die Vorschriften der Europäischen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) und des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) einzuhalten, etwa bei der Verwendung realer Prüfungsfälle oder personenbezogener Daten der Teilnehmenden.
Wettbewerbsrecht und Werberecht
Private Repetitorien unterliegen dem Lauterkeitsrecht (UWG) und dürfen keine irreführende Werbung bezüglich Erfolgsquoten oder Prüfungsrelevanz betreiben. Angaben zum Erfolg müssen belegbar sein, damit irreführende Geschäftspraktiken vermieden werden.
Vertragsrechtliche Aspekte
Der Abschluss eines Vertrages über die Teilnahme an einem privaten Repetitorium unterliegt den allgemeinen Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Es gelten insbesondere die Vorschriften zu Dienstleistungs- und Werkverträgen. Die Vertragsbedingungen, Widerrufsrechte und Kündigungsfristen sind den AGB des jeweiligen Anbieters zu entnehmen und unterliegen der gerichtlichen Inhaltskontrolle.
Bedeutung und aktuelle Entwicklungen
Entwicklung auf dem Aus- und Weiterbildungsmarkt
Angesichts gestiegener Anforderungen und der Komplexität der zweiten Staatsprüfung hat das Repetitorium im Referendariat im Laufe der Jahre an Bedeutung gewonnen. Die Angebote sind vielfältig, bundesweit verfügbar und werden zunehmend digitalisiert. Auch Hochschulen und Universitäten bieten in Kooperation mit Landesjustizprüfungsämtern ergänzende Programme an, wodurch eine zunehmende institutionalisierte Förderung zu beobachten ist.
Rechtspolitische Diskussionen
Immer wieder wird diskutiert, inwieweit kommerzielle Repetitorien zur Chancengleichheit im Prüfungsrecht beitragen oder diese beeinträchtigen, da nicht alle Referendare gleichermaßen Zugang zu kostenpflichtigen Zusatzangeboten haben. Der Gesetzgeber ist gehalten, fortlaufend die Angemessenheit der staatlichen Ausbildung zu prüfen und gegebenenfalls die Angebote entsprechend anzupassen.
Fazit
Das Repetitorium (Referendariat) ist ein rechtlich nicht verpflichtender, aber im Hinblick auf die gezielte Vorbereitung auf das zweite juristische Staatsexamen bedeutender Bestandteil der juristischen Ausbildung in Deutschland. Während die staatlich organisierte Ausbildung die Grundlage für das Bestehen des Examens legt, bieten Repetitorien eine spezialisierte Vertiefung und einen strukturieren Lernrahmen zur Wiederholung, Vertiefung und Anwendung des Ausbildungsstoffs. Rechtlich unterliegen sie insbesondere Datenschutz-, Wettbewerbs- sowie Vertragsrecht und ergänzen die gesetzlich geregelte Ausbildung ohne sie zu ersetzen.
Häufig gestellte Fragen
Können Repetitorien offiziell als Teil der Ausbildung im Referendariat anerkannt werden?
Repetitorien – also außerschulisch angebotene, privatwirtschaftlich organisierte Vorbereitungskurse für das zweite Staatsexamen – werden im rechtlichen Kontext grundsätzlich nicht als offizieller Bestandteil der staatlichen Ausbildung im Referendariat anerkannt. Sie dienen der ergänzenden Prüfungsvorbereitung und sind keine von den Landesjustizprüfungsämtern oder den Ausbilderdienststellen anerkannten Ausbildungsbestandteile. In den jeweiligen Juristenausbildungsgesetzen (JAG) und den dazugehörigen Prüfungsordnungen der Bundesländer wird lediglich das Absolvieren des Vorbereitungsdienstes sowie der Erwerb praktischer Erfahrungen in verschiedenen Stationen als verbindlich geregelt. Die Teilnahme an einem kommerziellen Repetitorium bleibt daher privat und freiwillig; Kosten und Zeit werden grundsätzlich nicht durch die Dienststelle erstattet oder auf die Dienstzeit angerechnet. Allerdings ist das eigenständige Nutzen von Lernangeboten – inklusive Repetitorien – gestattet, sofern dadurch dienstliche Verpflichtungen und Ausbildungsinhalte nicht beeinträchtigt werden. Sonderfälle, wie schulinterne Arbeitsgemeinschaften – häufig als öffentlich-rechtliche Repetitorien bezeichnet – unterstehen hingegen der staatlichen Ausbildung und sind vom privatwirtschaftlichen Angebot zu trennen.
Bestehen rechtliche Beschränkungen hinsichtlich der Teilnahme an privaten Repetitorien während der Dienstzeit?
Grundsätzlich besteht während des juristischen Referendariats eine Dienstpflicht gegenüber dem jeweiligen Landesdienstherrn. Die Teilnahme an privaten Repetitorien während der regulären Dienstzeiten ist rechtlich nur in Ausnahmefällen erlaubt. Nach den jeweiligen Ausbildungsordnungen und den Verwaltungsvorschriften zum Juristenausbildungsgesetz ist der Referendar verpflichtet, während der festgesetzten Dienstzeiten an Ausbildungsstationen teilzunehmen und sich auf die praktischen Aufgaben zu konzentrieren. Eine Beurlaubung zum Zwecke des Besuchs eines privaten Repetitoriums ist grundsätzlich ausgeschlossen. Ausnahmen, beispielsweise eine flexible Zeiteinteilung während der Wahlstation oder bei expliziter Genehmigung durch den Ausbildungsleiter, bedürfen einer individuellen Einzelfallentscheidung, wobei der dienstliche Bedarf stets Vorrang hat. Jegliche eigenmächtige Versäumnis von Dienstpflichten zugunsten von Repetitorienterminen kann disziplinarrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.
Können Kosten für Repetitorien steuerlich geltend gemacht werden?
Die Aufwendungen für privat genutzte Repetitorien im Referendariat können unter bestimmten Voraussetzungen als Werbungskosten in der Jahressteuererklärung geltend gemacht werden. Nach geltendem Steuerrecht (§ 9 EStG) gelten Ausgaben für beruflich veranlasste Fort- oder Weiterbildungsmaßnahmen als abzugsfähige Werbungskosten, sofern ein hinreichender beruflicher Bezug besteht. Da das Referendariat in der Regel als Berufsausbildung eingestuft wird, akzeptieren Finanzämter grundsätzlich den Abzug der für Repetitorien anfallenden Kursgebühren, Fahrtkosten und Lernmaterialien als Werbungskosten. Voraussetzung ist jedoch die Einordnung des Referendariats als Zweitausbildung. Bei der steuerlichen Erst- im Gegensatz zur Zweitausbildung (etwa beim erstmaligen Jurastudium ohne vorher erworbenen Berufsabschluss) gelten die Kosten gegebenenfalls nur als Sonderausgaben (§ 10 EStG), was eine niedrigere steuerliche Entlastung mit sich bringen kann. Eine sorgfältige Belegsammlung und Einzelaufstellung der entstandenen Kosten wird seitens der Finanzämter vorausgesetzt.
Besteht eine Verpflichtung zur Offenlegung der Teilnahme an Repetitorien gegenüber der Ausbildungsstelle?
Im rechtlichen Kontext besteht keine generelle Verpflichtung, die Teilnahme an privaten Repetitorien gegenüber der Ausbildungsstelle oder dem Dienstherrn anzuzeigen, solange die dienstlichen Pflichten vollumfänglich erfüllt und keine Regeltermine innerhalb der Dienstzeit versäumt werden. Nur in dem Fall, dass eine Beurlaubung, Terminverschiebung oder sonstige organisatorische Anpassung zugunsten eines externen Repetitoriums beantragt wird, muss dies selbstverständlich offen angegeben und genehmigt werden. Im Übrigen bleibt es dem Referendar selbst überlassen, ob und inwieweit er außerdienstliche Weiterbildungsangebote nutzt. Anders kann es sich bei verpflichtenden, von den Landesjustizprüfungsämtern organisierten Arbeitsgemeinschaften verhalten, deren Teilnahme im Dienstplan festgelegt ist und deren Versäumnis rechtlich zu entschuldigen ist – etwa durch Vorlage eines Attests. In diesem Kontext wird zwar keine private Repetitoriumsteilnahme anerkannt, eine fehlende Offenlegung stellt jedoch keine Pflichtverletzung dar.
Gibt es haftungsrechtliche Konsequenzen bei fehlerhafter Wissensvermittlung durch ein Repetitorium?
Die rechtliche Beziehung zwischen Referendar und privatem Repetitorium basiert auf einem zivilrechtlichen Dienstleistungs- oder Werkvertrag. Kommt es zu fehlerhafter Wissensvermittlung, besteht ein Haftungsanspruch grundsätzlich nur im Falle grober Fahrlässigkeit, Täuschung, falscher Leistungsbeschreibung oder einer eindeutigen Vertragsverletzung durch das Repetitorium. Die meisten Repetitorien schließen in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen aus, für Lernergebnisse oder Prüfungserfolge zu haften. Im Falle nachweisbarer Fehlberatung oder gravierender inhaltlicher Mängel könnten zivilrechtliche Gewährleistungs- und Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden; solche Verfahren sind jedoch selten und setzen einen klar nachweisbaren (finanziellen) Schaden voraus. Da die Verantwortung für die individuelle Examensvorbereitung letztlich beim Referendar selbst liegt, besteht keine öffentlich-rechtliche Haftung des Dienstherrn oder der Ausbildungsbehörde für eventuelle Wissenslücken, die durch ein Repetitorium verursacht wurden.
Dürfen Lehrmaterialien aus dem Repetitorium im Rahmen dienstlicher Arbeit benutzt oder vervielfältigt werden?
Die Nutzung von Lehrmaterialien aus privaten Repetitorien unterliegt dem Urheberrecht (§§ 15 ff. UrhG). Eine Nutzung zu rein privaten Lernzwecken ist zulässig. Die Weitergabe, Vervielfältigung oder dienstliche Nutzung der Skripte, Fallbearbeitungen oder Vortragsunterlagen ist ausschließlich im Rahmen des vertraglich eingeräumten Nutzungsrechts und der gesetzlichen Schrankenregelungen erlaubt. Für eine dienstliche Verwendung, etwa in offizieller Ausbildungsarbeit oder zur Weitergabe an andere Referendare, ist das ausdrückliche Einverständnis des Rechteinhabers erforderlich. Unbefugtes Kopieren oder die Veröffentlichung – auch in sozialen Netzwerken oder auf Lernplattformen – kann zivilrechtliche Folgen nach sich ziehen. In Arbeitsgemeinschaften im Rahmen des Referendariats dürfen Materialien von Repetitorien nur verwendet werden, wenn eine entsprechende Lizenz vorliegt oder das Material gemeinfrei ist.
Werden Noten aus Repetitorien oder deren Zwischenprüfungen für die staatliche Bewertung im Referendariat berücksichtigt?
Die im Rahmen eines privaten Repetitoriums erzielten Noten, Bestehensbescheinigungen oder Beurteilungen haben keine rechtliche Relevanz für die Beurteilung oder das Abschlussexamen im juristischen Vorbereitungsdienst. Bewertungsmaßstab für die staatliche Prüfung sind ausschließlich die im Rahmen der ersten und zweiten juristischen Staatsprüfung abgelegten Leistungen, die von den staatlichen Prüfungsämtern und Kommissionen kontrolliert und bewertet werden. Noten aus Repetitorien besitzen daher keinerlei Auswirkungen auf die Zulassung, die Bewertung oder die Anerkennung weiterer Leistungen im Referendariat. Sie dienen lediglich der Selbsteinschätzung und Lernkontrolle. Einzig staatlich anerkannte Ausbildungsleistungen wie Klausuren in Pflicht-AGs oder Praktikumsberichte werden in der Aktenführung berücksichtigt, private Repetitoriumsleistungen verbleiben rechtlich ohne Auswirkung.