Legal Lexikon

Prädikatsexamen


Prädikatsexamen im deutschen Recht: Definition, Voraussetzungen und rechtliche Bedeutung

Begriff und Definition des Prädikatsexamens

Das Prädikatsexamen ist eine besondere, herausgehobene Bewertung innerhalb der juristischen Staatsexamina in Deutschland. Die Bezeichnung „Prädikat“ meint eine Bewertung oberhalb der regulären Bestehensgrenze und kennzeichnet Prüfungsleistungen, die als besonders gut eingestuft wurden. Das Prädikat ist sowohl im Rahmen des Ersten als auch des Zweiten Staatsexamens relevant und wird häufig als Nachweis überdurchschnittlicher juristischer Qualifikation angesehen.

Rechtlicher Rahmen der Staatsexamina

Das Erste und Zweite Staatsexamen

Beide juristische Staatsexamina (erstes und zweites Staatsexamen) unterliegen den entsprechenden Landesgesetzen und Prüfungsordnungen der Bundesländer, insbesondere den jeweiligen Juristenausbildungsgesetzen sowie der Juristenausbildungs- und Prüfungsordnung (JAPrO). Das Erste Staatsexamen besteht aus einem universitären und einem staatlichen Teil („staatliche Pflichtfachprüfung“), das Zweite Staatsexamen erfolgt nach dem juristischen Vorbereitungsdienst (Referendariat) und bildet den Abschluss der klassischen deutschen Juristenausbildung.

Notensystem und Bewertung

Die Bewertung der Staatsexamina erfolgt bundesweit nach einem einheitlichen Punktesystem von 0 bis 18 Punkten:

  • 0-3,99 Punkte: Nicht bestanden
  • 4,00-6,49 Punkte: Ausreichend
  • 6,50-8,99 Punkte: Befriedigend
  • 9,00-11,49 Punkte: Vollbefriedigend
  • 11,50-13,99 Punkte: Gut
  • 14,00-18,00 Punkte: Sehr gut

Als Prädikatsexamen gilt nach allgemein anerkannter Definition und der einschlägigen verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung eine Bewertung ab neun Punkten („vollbefriedigend“) oder besser. Die genaue Unterteilung und Zuordnung zu den Bezeichnungen kann je nach Bundesland und Universität leicht variieren, ist aber im Kern bundesweit vergleichbar.

Rechtliche Bedeutung des Prädikatsexamens

Zugangsrechtliche Funktionen

Das Prädikatsexamen hat eine maßgebliche Bedeutung für den Zugang zu bestimmten Berufen und Tätigkeiten im Rechtswesen. Zahlreiche Tätigkeiten im öffentlichen Dienst, insbesondere in der ordentlichen Gerichtsbarkeit (Richter, Staatsanwalt), wenden das Prädikat als Kriterium im Auswahlverfahren an. Auch Einstellungsvoraussetzungen in ministeriellen oder universitären Anstellungsverhältnissen setzen häufig ein Prädikatsexamen voraus.

Beamtenrechtliche Aspekte

Im Beamtenrecht ist das Prädikatsexamen regelmäßig Voraussetzung für eine Verbeamtung in bestimmten Laufbahnen, wie etwa im höheren Justizdienst. Die Forderung nach einem Prädikat ist dabei regelmäßig Bestandteil von Ausschreibungstexten und Dienstrechtsvorschriften der Länder und des Bundes.

Bedeutung im Bewerbungs- und Auswahlverfahren

Prädikatsexamina werden bei Bewerbungsverfahren als herausgehobenes Auswahlkriterium herangezogen. Sie bieten eine formalisierte und vergleichbare Bewertungsgrundlage für die Personalentscheidungen öffentlicher wie privater Arbeitgeber im Rechtsbereich. Mangels gesetzlicher Verpflichtung, aber auf Grundlage der einschlägigen Verwaltungspraxis und höchstrichterlichen Rechtsprechung können Arbeitgeber und Behörden das Prädikatsexamen als Mindestanforderung vorgeben, sofern sachliche Gründe, etwa die besondere Bedeutung der Position, dies rechtfertigen.

Statistische Relevanz und praktische Auswirkungen

Durchschnittliche Vergabequoten

Nach statistischer Auswertung durch das Bundesamt für Justiz und landesrechtliche Prüfungsämter erhalten eine Prädikatsbewertung (ab neun Punkte) nur etwa 10-18 % der Examenskandidaten eines Jahrgangs. Damit ist das Erreichen eines Prädikatsexamens im Kontext der Noteverteilung als besondere Leistung anzusehen.

Auswirkungen auf Karrierewege

Ein Prädikatsexamen eröffnet Zugang zu klassischen juristischen Karrieren in der Justiz, Verwaltung und Lehre, aber auch zu spezialisierten Aufgaben z. B. in internationalen Organisationen, dem diplomatischen Dienst oder unternehmensinternen Rechtsabteilungen. Bei Großkanzleien und anderen Arbeitgebern gilt es als maßgebliches Auswahlkriterium.

Anerkennung und Gleichstellung

Prädikatsexamina aus verschiedenen Bundesländern werden in der Praxis und vor Behörden (beispielsweise im Bewerbungsprozess für den Vorbereitungsdienst oder den höheren Justizdienst) grundsätzlich als gleichwertig anerkannt, sofern sich die Bewertung im bundesweiten Notenrahmen bewegt.

Rechtsquellen und weiterführende Erläuterungen

Gesetzliche und verwaltungsrechtliche Grundlagen

  • Juristenausbildungsgesetze (JAG) der Bundesländer
  • Juristenausbildungs- und Prüfungsordnungen (JAPrO)
  • Beamtenrechtsrahmengesetz (BRRG; teilweise außer Kraft)
  • Laufbahngesetze der Bundesländer

Maßgebende Rechtsprechung

  • Verwaltungsgerichte haben mehrfach bestätigt, dass ein Prädikatsexamen als sachgerechte Voraussetzung für die Auswahl zu bestimmten öffentlichen Ämtern gilt, solange die Begrenzung nachvollziehbar und verhältnismäßig ist (z. B. VG Frankfurt am Main, Urteil vom 11. Mai 2011 – 10 K 3038/09.F).

Literatur und Kommentierungen

  • Meyer, Hans: „Prädikatsexamen im deutschen Rechtssystem“, in: Zeitschrift für Rechtsausbildung, 2020, Heft 3, S. 141-160.
  • Schmitt, Peter: „Das deutsche Notensystem und seine Bedeutung für die juristische Berufsausbildung“, Nomos, 2018.

Fazit

Das Prädikatsexamen bezeichnet eine herausragende Prüfungsleistung im Rahmen der juristischen Staatsexamina in Deutschland. Es ist eng mit den Zugangs- und Auswahlkriterien zu anspruchsvollen und verantwortungsvollen Tätigkeitsbereichen im Rechtswesen verknüpft. Der Erwerb dieses Prädikats ist rechtlich und praktisch von erheblicher Bedeutung und wird in unterschiedlichen gesetzlichen, verwaltungsrechtlichen und beamtenrechtlichen Regelungen tatsächlich und mittelbar vorausgesetzt. Aufgrund der niedrigen Vergabequote kommt dem Prädikatsexamen eine wichtige Filterfunktion für qualifizierte Berufseintritte zu.


Quellen:

  • Bundesamt für Justiz, Statistiken zu den Staatsexamina
  • Juristenausbildungsgesetze und Prüfungsordnungen der Länder
  • Verwaltungsgerichte und Fachliteratur zur juristischen Ausbildung

Häufig gestellte Fragen

Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, um ein Prädikatsexamen im juristischen Staatsexamen zu erhalten?

Im deutschen Jurastudium gilt ein Prädikatsexamen im Staatsexamen als Auszeichnung für überdurchschnittliche Leistungen. Die Voraussetzungen für ein Prädikatsexamen sind bundeseinheitlich jedoch nicht explizit geregelt, sondern richten sich nach den jeweiligen Prüfungsordnungen der einzelnen Bundesländer. Grundsätzlich wird ein Prädikat vergeben, wenn in der Ersten oder Zweiten Juristischen Prüfung eine bestimmte Mindestpunktzahl erreicht wird. Diese Schwelle liegt zumeist bei 9,00 Punkten, entsprechend der Note „vollbefriedigend“ oder besser (je nach Landesjustizprüfungsamt). In der Regel setzt sich die Gesamtnote aus schriftlichen und mündlichen Prüfungsleistungen zusammen. Entscheidend ist die erreichte Punktzahl im Gesamtergebnis, die keinerlei Auf- oder Abrundungen unterliegt. In Sonderfällen, etwa bei besonders schlechten Einzelnoten, ist das Erreichen des Prädikats trotz im Durchschnitt ausreichender Punktzahl ausgeschlossen. Es ist daher unerlässlich, sich mit der jeweiligen Landesverordnung und den Details zum Notensystem vertraut zu machen.

Welche Bedeutung hat das Prädikatsexamen für die weitere juristische Karriere?

Ein Prädikatsexamen ist im juristischen Bereich von zentraler Bedeutung und kann entscheidende Auswirkungen auf die spätere Berufslaufbahn haben. Absolventinnen und Absolventen mit Prädikatsexamen werden bevorzugt bei der Vergabe von Referendariatsstellen, insbesondere beim Bundesverfassungsgericht, Oberlandesgerichten und internationalen Kanzleien berücksichtigt. Zudem sind viele juristische Berufe, wie Richter, Staatsanwalt, Notar oder hochrangige Posten in Ministerien, de facto nur mit einem Prädikatsexamen erreichbar. Auch in den renommierten Großkanzleien ist das Prädikat eine häufige Voraussetzung für den Berufseinstieg. Renommierte Arbeitgeber legen Wert auf diese Auszeichnung, da sie als Nachweis für überdurchschnittliche juristische Fähigkeiten, besondere Belastbarkeit, analytisches Denken und ausgeprägte Examensvorbereitung gilt.

Welche Rolle spielen die einzelnen Prüfungen beim Erwerb des Prädikatsexamens?

Das juristische Staatsexamen besteht im Regelfall aus einem schriftlichen und einem mündlichen Prüfungsteil. Die Gewichtung dieser Teilprüfungen kann je nach Landesrecht variieren; häufig entfallen rund zwei Drittel der Endnote auf die schriftlichen Klausuren und etwa ein Drittel auf die mündliche Prüfung. Um ein Prädikatsexamen zu erlangen, müssen beide Prüfungsteile auf einem überdurchschnittlichen Niveau abgeschlossen werden, wobei vor allem die schriftliche Phase entscheidend ist, da sie am stärksten ins Gewicht fällt. Es ist dabei jedoch möglich, durch eine sehr gute mündliche Leistung Schwächen in den schriftlichen Prüfungen teilweise auszugleichen, sofern dies die Prüfungsordnung zulässt.

Was bedeutet das Erreichen des Prädikatsexamens für die Bewerbungschancen im Staatsdienst?

Das Prädikatsexamen ist beim Zugang zum Staatsdienst – beispielsweise bei der Bewerbung um eine Richterstelle oder zur Staatsanwaltschaft – zumeist formale Einstellungsvoraussetzung. Viele Bundesländer verlangen mindestens ein Prädikat in einem der beiden Staatsexamina, in einigen Fällen sogar in beiden Prüfungen. Ohne Prädikatsexamen bestehen nur sehr begrenzte Möglichkeiten, in den höheren Justizdienst einzutreten. Auch im gehobenen Verwaltungsdienst oder bei ministeriellen Einstiegspositionen dient das Prädikat als Auswahlmerkmal, das gute Erfolgsaussichten bei Bewerbungsverfahren maßgeblich begünstigt.

Gibt es regionale Unterschiede beim Prädikatsexamen in Deutschland?

Ja, es existieren Unterschiede zwischen den einzelnen Bundesländern, sowohl hinsichtlich der erforderlichen Punktzahl für das Prädikatsexamen als auch bezüglich der Notenstruktur und Gewichtung der Prüfungsleistungen. Während 9,00 Punkte nahezu bundesweit als Schwelle für ein Prädikatsexamen gelten, können Details wie die Berechnung der Gesamtnote, das Verfahren bei Einzelleistungen und die Zulässigkeit von Ausgleichsleistungen variieren. Auch die statistische Verteilung von Prädikatsnoten kann sich regional unterscheiden, was unter anderem auf Prüfungsmodalitäten, Korrekturmaßstäbe und Notentrends zurückführbar ist.

Wie häufig wird ein Prädikatsexamen erreicht?

Das Prädikatsexamen zählt angesichts der Prüfungsanforderungen zu den selten vergebenen Auszeichnungen im Jurastudium. Die Quote der erfolgreichen Absolventen mit Prädikat liegt deutschlandweit bei etwa 10-20 %, wobei diese Quote je nach Bundesland, Examenstermin und Jahrgang schwanken kann. In einzelnen Prüfungsdurchgängen fallen die Anteile teils niedriger aus. Das zeigt, wie anspruchsvoll die juristischen Staatsexamina hinsichtlich der Anforderungen und der Bewertungsmaßstäbe sind.

Können Zusatzleistungen oder besondere Tätigkeiten ein Prädikatsexamen ersetzen?

Juristische Zusatzqualifikationen, Moot Courts oder studentische Praktika sind zwar wichtige Zusatzleistungen, ersetzen jedoch das formale Prädikatsexamen nicht. Arbeitgeber im juristischen Bereich sowie die Justizverwaltungen verlangen explizit die nachgewiesene Examensnote. Derartige Zusatzqualifikationen werden allenfalls als zusätzlicher Nachweis persönlicher Befähigung gewertet, sind aber grundsätzlich keine Alternative zum Prädikatsexamen. Auch Promotionen oder Masterabschlüsse können das fehlende Prädikat in der Regel nicht kompensieren, wenngleich sie bei der Gesamtbewertung im Wettbewerb um Stellen unterstützend wirken können.