M&A Prozess
Der Begriff „M&A Prozess“ bezeichnet den Ablauf von Unternehmensübernahmen und -fusionen (Mergers and Acquisitions, M&A). Er umfasst sämtliche Schritte, angefangen bei der ersten Kontaktaufnahme zwischen den Transaktionsparteien bis zum Abschluss und der Integration der Transaktion. Für Kanzleien bietet der M&A Prozess ein vielfältiges Tätigkeitsfeld, bei dem Mandantinnen und Mandanten bei der Durchführung komplexer Unternehmenstransaktionen betreut werden.
Definition und Einordnung
Der M&A Prozess beschreibt die Gesamtheit der organisatorischen, wirtschaftlichen und rechtlichen Abläufe, die mit dem Erwerb, Verkauf, der Fusion oder Partnerschaft von Unternehmen oder Unternehmensteilen in Zusammenhang stehen. Diese Prozesse sind zentraler Bestandteil zahlreicher Geschäftstransaktionen und spielen auch im Beratungsalltag von Kanzleien eine bedeutende Rolle.
Typischerweise werden im Verlauf des M&A Prozesses verschiedene Disziplinen berücksichtigt, darunter Analyse, Verhandlung, Prüfung und Umsetzung. Ziel ist die erfolgreiche Übertragung von Unternehmensteilen, die Sicherstellung rechtlicher und wirtschaftlicher Rahmenbedingungen sowie die Minimierung von Risiken.
Bedeutung im Kanzleialltag
Im Kanzleialltag sind Mandatsaufträge aus dem M&A-Bereich häufig anspruchsvoll und vielfältig. Kanzleien beraten Unternehmen, Investierende oder andere Beteiligte während des gesamten Ablaufs einer Unternehmenskauf- oder Fusions-Transaktion. Dabei zählen neben der rechtlichen Begleitung und Steuerung auch die Koordination interdisziplinärer Teams, Kommunikationsprozesse und Verhandlungsführungen zu den wesentlichen Aufgaben.
Typische Einsatzfelder sind:
- Unternehmenskauf oder -verkauf: Begleitung von Käufen/Verkäufen gesamter Unternehmen oder einzelner Geschäftsbereiche.
- Fusionen: Unterstützung bei Zusammenschlüssen gleichwertiger oder komplementärer Unternehmen.
- Strategische Allianzen und Joint Ventures: Ausgestaltung rechtlicher Rahmenbedingungen für Zusammenarbeit zwischen Unternehmen.
Ablauf des M&A Prozesses
1. Vorbereitungsphase
In der Vorbereitungsphase erfolgt die Zielbestimmung (z. B. Verkauf, Kauf, Fusion) sowie die Auswahl potenzieller Transaktionspartner. Es werden erste Informationen zusammengetragen und potenzielle Risiken sowie Ziele definiert.
2. Ansprache und Vertraulichkeit
Interessierte Parteien nehmen Kontakt auf. Zu Beginn wird in der Regel eine Verschwiegenheitserklärung (Non-Disclosure Agreement, NDA) abgeschlossen, um sensible Informationen zu schützen.
3. Prüfung (Due Diligence)
Während der sogenannten Due Diligence werden das Zielunternehmen und dessen Geschäftstätigkeit intensiv geprüft. Hierzu gehören Analyse von Verträgen, Finanzen, Personal, geistigem Eigentum und weiteren relevanten Aspekten. Ziel ist es, Risiken zu erkennen und Wertpotenziale zu bewerten.
4. Verhandlung und Vertragsgestaltung
Anhand der Ergebnisse der Due Diligence werden wesentliche Vertragsbedingungen ausgehandelt und in umfangreiche Vertragsdokumente (z. B. Unternehmenskaufvertrag) überführt. In diesem Schritt werden häufig auch Haftungsfragen, Zahlungsmodalitäten und Garantien geregelt.
5. Signing und Closing
Der Begriff „Signing“ bezeichnet die formelle Unterzeichnung der Verträge. Das „Closing“ markiert die endgültige Vollziehung der Transaktion, wenn alle vertraglich vereinbarten Bedingungen erfüllt sind (z. B. Freigabe durch Aufsichtsbehörden, Zahlung des Kaufpreises).
6. Integration
Nach Abschluss der Transaktion folgt die Integrationsphase, in der die übergegangenen Bereiche in das übernehmende Unternehmen eingegliedert werden. Auch dabei kann eine fortlaufende Begleitung durch Kanzleien erforderlich sein.
Rahmenbedingungen und Standards
Organisatorische Vorgaben
Der M&A Prozess folgt bestimmten organisatorischen Abläufen, die eine strukturierte Abwicklung der komplexen Aufgaben sicherstellen. In Kanzleien werden Mandate im Regelfall anhand definierter Prozessschritte bearbeitet, um Effizienz und Qualität zu gewährleisten. Projektmanagement-Tools und Checklisten helfen, den Überblick zu bewahren.
Technische Tools
Für die Bearbeitung von M&A Mandaten werden oft spezielle Software-Lösungen verwendet. Dazu zählen:
- Virtuelle Datenräume: Geschützte Plattformen, über die Dokumente ausgetauscht und geprüft werden können.
- Kommunikationstools: Sichere E-Mail-Dienste oder Collaboration-Plattformen unterstützen die Zusammenarbeit innerhalb des Teams und mit externen Beteiligten.
- Projektmanagement-Software: Diese dient der Termin- und Aufgabenverwaltung während des Prozesses.
Übliche Vorgehensweisen
Während des M&A Prozesses ist hohe Genauigkeit gefragt. Es gelten Standards wie:
- Einhaltung von Fristen und Deadlines
- Sorgfältige Dokumentation aller Arbeitsschritte
- Koordination interner und externer Schnittstellen (z. B. mit Wirtschaftsprüfenden, Finanzberatenden).
Praxisbezug: Die Rolle von Mitarbeitenden im M&A Prozess
Mitarbeitende tragen maßgeblich dazu bei, dass Mandate im M&A-Bereich effizient und strukturiert abgewickelt werden. Typische Aufgaben sind:
- Vorbereitung von Vertragsentwürfen: Mitarbeitende erstellen, prüfen und bearbeiten Entwürfe wichtiger Transaktionsdokumente.
- Durchführung und Begleitung der Due Diligence: Zusammenstellung von Fragebögen, Analyse von Dokumenten und Pflege von Checklisten.
- Projektorganisation: Unterstützung bei Ablaufplanung, Koordination von Terminen und Abstimmung zwischen den Beteiligten.
- Kommunikation: Laufende Abstimmung mit Mandantinnen und Mandanten sowie anderen Beratenden oder Fachabteilungen.
Berufseinsteigerinnen und -einsteiger gewinnen im Rahmen von M&A Mandaten einen umfassenden Einblick in komplexe Transaktionsabläufe. Sie erlernen strukturiertes Arbeiten, den Umgang mit Fristen sowie die Bedeutung sorgfältiger Koordination zwischen allen Beteiligten.
Chancen und Herausforderungen im Kanzleialltag
Chancen
- Vielseitige Einblicke: Berufseinsteigerinnen und -einsteiger lernen unterschiedliche Branchen und Unternehmensstrukturen kennen.
- Teamarbeit: M&A Mandate fördern die Zusammenarbeit in interdisziplinären Teams.
- Entwicklung fachlicher und überfachlicher Kompetenzen: Die Arbeit im M&A-Bereich fördert analytisches Denken, Kommunikationsfähigkeit und Projektmanagement-Skills.
Herausforderungen
- Hoher Zeitdruck und Termintreue: Transaktionen unterliegen häufig straffen Zeitplänen, was ein konzentriertes und flexibles Arbeiten erforderlich macht.
- Komplexität: Die Vielzahl an Dokumenten, Beteiligten und Aufgaben verlangt sorgfältige Organisation und Abstimmung.
- Umgang mit sensiblen Informationen: Es ist ein hohes Maß an Vertraulichkeit und Diskretion notwendig.
Häufig gestellte Fragen
Was ist die Due Diligence und warum ist sie wichtig?
Die Due Diligence bezeichnet die detaillierte Prüfung und Analyse des Zielunternehmens. Sie ist wichtig, um Informationen über Risiken, den tatsächlichen Unternehmenswert und potenzielle Synergien zu erhalten.
Welche Aufgaben fallen für Berufseinsteigerinnen und -einsteiger im M&A Prozess an?
Zu den Aufgaben zählen häufig Recherche, Auswertung von Daten, Erstellung und Prüfung von Vertragsentwürfen, Koordination von Terminen und Kommunikation mit verschiedenen Beteiligten.
Wie lange dauert ein typischer M&A Prozess?
Die Dauer hängt vom Umfang der Transaktion ab, variiert jedoch typischerweise zwischen mehreren Wochen und mehreren Monaten.
Wie erfolgt die Zusammenarbeit im Team?
Die Zusammenarbeit erfolgt häufig in kleinen Teams, in denen Aufgaben je nach Erfahrungsniveau verteilt werden. Kommunikations- und Organisationstools unterstützen die Abstimmung.
Was sind virtuelle Datenräume?
Virtuelle Datenräume sind digitale Plattformen, auf denen Dokumente und Informationen sicher gespeichert, verwaltet und ausgetauscht werden. Sie sind besonders wichtig für die Due Diligence.
Mit dieser Übersicht erhalten Nachwuchskräfte und Bewerbende einen praxisnahen Einblick in das Tätigkeitsfeld rund um den M&A Prozess, wie es im Kanzleialltag gelebt wird.
Häufig gestellte Fragen
Welche rechtliche Bedeutung hat die Due Diligence im Rahmen eines M&A-Prozesses?
Die Due Diligence nimmt im rechtlichen Kontext des M&A-Prozesses (Mergers & Acquisitions) eine zentrale Rolle ein. Sie bezeichnet die sorgfältige Prüfung und Analyse des Zielunternehmens durch den potenziellen Käufer, insbesondere im Hinblick auf rechtliche, steuerliche, wirtschaftliche und finanzielle Risiken. Rechtlich betrachtet dient die Due Diligence dazu, Informationen über die Vermögensverhältnisse, Verbindlichkeiten, bestehenden Verträge, arbeitsrechtliche Rahmenbedingungen, gewerbliche Schutzrechte sowie etwaige Rechtsstreitigkeiten und regulatorische Risiken zu erlangen. Ergebnisse der rechtlichen Due Diligence werden zumeist in umfassenden Reporten dokumentiert und bilden die Basis für die Vertragsverhandlung, insbesondere zur Präzisierung von Gewährleistungs- und Freistellungsklauseln (W&I Clauses). Nicht festgestellte oder ausreichend adressierte Risiken können nach Vertragsschluss erhebliche Haftungsfolgen nach sich ziehen. Daher ist eine fundierte rechtliche Due Diligence für das Gelingen jeder M&A-Transaktion essenziell.
Worauf ist bei der Gestaltung von Garantien und Freistellungen im Unternehmenskaufvertrag zu achten?
Garantien (Representations & Warranties) und Freistellungen (Indemnities) stellen wesentliche Vertragsbestandteile eines Unternehmenskaufvertrags (Share Purchase Agreement, SPA) dar. Rechtlich gesehen soll der Verkäufer durch Garantien bestimmte Eigenschaften oder Zustände des Unternehmens zusichern, wie beispielsweise die ordnungsgemäße Eintragung, Eigentumsverhältnisse an Gesellschaftsanteilen, das Ausbleiben von Rechtsstreitigkeiten oder die Richtigkeit von Jahresabschlüssen. Freistellungen hingegen verpflichten den Verkäufer, den Käufer von bestimmten, konkret zu bezeichnenden Risiken oder Verpflichtungen freizustellen, insbesondere, wenn diese aus bekannten Sachverhalten oder identifizierten Risiken resultieren (z. B. anhängige Steuerverfahren). Bei der Vertragsgestaltung ist besonders auf eine präzise Formulierung, klar abgegrenzte Haftungstatbestände, Relevanzschwellen (Materiality Thresholds), Laufzeiten (Verjährungsfristen) und etwaige Haftungshöchstgrenzen (Caps) zu achten. Für Verkäufer ist es ratsam, pauschale Garantien zu vermeiden; für Käufer hingegen, möglichst umfangreiche und spezifische Zusicherungen zu verlangen.
Welche Rolle spielen Fusionskontroll- und kartellrechtliche Vorschriften?
Im rechtlichen Kontext von M&A-Transaktionen sind Fusionskontroll- und kartellrechtliche Vorgaben von herausragender Bedeutung. Sie dienen der Sicherstellung eines funktionierenden Wettbewerbs im Markt und verhindern die Entstehung marktbeherrschender Stellungen oder die Verstärkung bereits existierender Monopole. Nach deutschem Recht (Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, GWB) und europäischen Bestimmungen (EU-Fusionskontrollverordnung) müssen bestimmte Transaktionen vorab bei den zuständigen Wettbewerbsbehörden angemeldet und freigegeben werden, sofern Umsatzschwellen überschritten werden. Ein Vollzug des Erwerbs ohne vorherige Freigabe kann die Transaktion nichtig machen und erhebliche Bußgelder sowie die Verpflichtung zur Rückabwicklung nach sich ziehen. Daher ist rechtlich vorab zu klären, ob und wann eine fusionskontrollrechtliche Anmeldung erforderlich ist und wie entsprechende Freigabeprozesse in die Dealstruktur (Closing Conditions) integriert werden.
Was ist beim Unternehmenskauf hinsichtlich arbeitsrechtlicher Vorschriften zu beachten?
Aus arbeitsrechtlicher Sicht ist bei einem Unternehmenskauf insbesondere § 613a BGB relevant, der den Betriebsübergang regelt. Beim Asset Deal, also dem Verkauf des gesamten Betriebes oder eines Betriebsteils, gehen sämtliche Arbeitsverhältnisse kraft Gesetzes auf den Erwerber über, wobei die bisherigen arbeitsvertraglichen Bedingungen zu wahren sind. Arbeitnehmer sind rechtzeitig vor Vollzug des Betriebsübergangs umfassend zu informieren. Ihnen steht zudem ein Widerspruchsrecht gegen den Übergang zu – dessen Ausübung beachtet werden muss. Die Einhaltung kollektivrechtlicher Vereinbarungen wie Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen spielt ebenso eine Rolle. Im Rahmen eines Share Deals, also beim Erwerb von Gesellschaftsanteilen, bleibt die Arbeitgeberstellung rechtlich unverändert. Dennoch sollte im Rahmen der rechtlichen Due Diligence eine sorgfältige Prüfung arbeitsvertraglicher und kollektivrechtlicher Risiken erfolgen.
Wie wird das steuerliche Risiko bei M&A-Transaktionen rechtlich abgesichert?
Steuerliche Risiken spielen bei M&A-Transaktionen eine zentrale Rolle, da unbekannte oder ungeklärte Steuerverbindlichkeiten zu erheblichen finanziellen Belastungen nach dem Erwerb führen können. Im deutschen Recht obliegt es daher dem Verkäufer, im Rahmen des Unternehmenskaufvertrags weitreichende steuerrechtliche Garantien abzugeben und etwaige bekannte Steuerrisiken durch spezielle Freistellungsklauseln abzusichern. Häufig werden Steuerfreistellungen (Tax Indemnities) vereinbart, die sich auf bestimmte Steuerarten und den Zeitraum vor Closing beschränken. In der rechtlichen Due Diligence ist genau zu prüfen, ob Steuererklärungen ordnungsgemäß abgegeben wurden, Betriebsprüfungen oder Steuerstreitigkeiten anhängig sind und ob Steuerverbindlichkeiten latent bestehen. Abschließend werden oft schwierige Fragen zur Haftungsdauer und zur Abwicklung von Steuerbescheiden in die Verhandlungen über den Unternehmenskaufvertrag einbezogen.
Welche Bedeutung hat das Signing und Closing im rechtlichen Ablauf einer M&A-Transaktion?
Signing und Closing sind zwei rechtlich voneinander abzugrenzende Phasen einer M&A-Transaktion. Beim Signing erfolgt die Unterzeichnung der vertraglichen Vereinbarungen, wodurch die Parteien sich rechtlich zum Vollzug des Geschäfts verpflichten. Das Closing bezeichnet hingegen den tatsächlichen rechtlichen Übergang des Eigentums an den Gesellschaftsanteilen oder Vermögensgegenständen sowie die Zahlung des Kaufpreises. Zwischen Signing und Closing werden üblicherweise bestimmte Bedingungen (Conditions Precedent) vereinbart, darunter kartellrechtliche Freigaben, außenwirtschaftsrechtliche Genehmigungen oder das Erreichen finanzieller oder operativer Meilensteine. Erst bei Eintritt sämtlicher vertraglich vereinbarter Bedingungen tritt der rechtliche Vollzug der Transaktion ein. Die rechtssichere Gestaltung beider Phasen ist für die Risikosteuerung von zentraler Bedeutung und beeinflusst direkt die Durchsetzbarkeit und Gültigkeit der M&A-Transaktion.