Konfliktcheck
Definition und Einordnung
Ein Konfliktcheck ist ein Verfahren innerhalb einer Kanzlei zur Überprüfung, ob bei der Annahme oder Bearbeitung eines Mandats Interessenkollisionen bestehen. Dabei steht im Mittelpunkt, ob bestehende oder frühere Mandate, Beziehungen zu Mandanten, oder andere Umstände die unabhängige und pflichtgemäße Vertretung eines neuen Mandats beeinflussen könnten. Der Konfliktcheck ist ein elementarer Bestandteil der Mandatsannahme und ein wichtiger Baustein für Integrität und Vertrauen in die Arbeit der Kanzlei. Er dient sowohl dem Schutz der Mandanteninteressen als auch der Einhaltung gesetzlicher und beruflicher Vorgaben.
Bedeutung und typische Einsatzfelder im Kanzleialltag
Im Alltag von Kanzleien ist der Konfliktcheck ein integraler Schritt vor Übernahme eines neuen Mandats. Er hilft sicherzustellen, dass keine widerstreitenden Interessen bestehen, die die Erfüllung der Pflichten im Mandat beeinträchtigen könnten. Zu den häufigsten Einsatzfeldern gehört die Mandatsprüfung bei neuen Mandanten, aber auch bei Anfragen bestehender Mandanten zu neuen Sachverhalten. Ebenso wird der Konfliktcheck vorgenommen, wenn sich die personelle Zusammensetzung im Team ändert oder Dritte am Mandat beteiligt werden.
Prozesse, Abläufe und Methoden
Ablauf des Konfliktchecks
Der Konfliktcheck erfolgt in mehreren Schritten:
- Erhebung der notwendigen Informationen: Zu Beginn werden alle relevanten Daten zur Mandatsanfrage, zu beteiligten Personen und Unternehmen sowie zu früheren und laufenden Mandaten ermittelt.
- Abgleich mit vorhandenen Mandatsdaten: Anschließend erfolgt ein Abgleich dieser Informationen mit der Mandatsdatenbank der Kanzlei. Hierzu gehören frühere und laufende Mandate, beteiligte Personen, beteiligte Unternehmen und sonstige Beziehungen.
- Bewertung der Ergebnisse: Bei Übereinstimmungen oder Anhaltspunkten für einen möglichen Interessenkonflikt erfolgt eine genaue Prüfung, ob eine Interessenkollision vorliegt und in welchem Umfang diese die Mandatsarbeit beeinflussen könnte.
- Dokumentation und Entscheidung: Das Ergebnis des Konfliktchecks wird dokumentiert. Im Falle eines tatsächlichen Konflikts wird entschieden, ob das Mandat abgelehnt werden muss oder unter bestimmten Voraussetzungen (z. B. Einwilligung oder Informationssperre) dennoch bearbeitet werden kann.
Methoden des Konfliktchecks
Für einen Konfliktcheck werden unterschiedliche Methoden angewandt:
- Manuelle Recherche in Mandatsakten und Datenbanken,
- Verwendung spezieller Softwarelösungen zur automatisierten Überprüfung,
- Anfragen im Team oder in der gesamten Kanzlei, um bisher unbekannte Verbindungen offenzulegen,
- Regelmäßige Schulungen, um Mitarbeitende für relevante Konstellationen zu sensibilisieren.
Rahmenbedingungen und Standards
Kanzleien orientieren sich bei der Durchführung von Konfliktchecks an gesetzlichen Vorgaben, Standesregeln und internen Richtlinien. In Deutschland sind insbesondere die Regelungen zur Verschwiegenheit und zur Vermeidung von Interessenkollisionen maßgeblich. Die Ausgestaltung eines Konfliktcheck-Verfahrens kann je nach Kanzleigröße und Arbeitsgebieten variieren.
Moderne Kanzleien setzen zunehmend auf elektronische Mandatsakten und digitale Konfliktprüfungs-Tools, die einen schnellen und zuverlässigen Abgleich ermöglichen. Prozesse sind klar definiert und meist verbindlich im internen Qualitätsmanagement verankert. Insbesondere bei größeren Kanzleien ist die Unterstützung durch zentrale Stellen oder spezielle Koordinatorinnen und Koordinatoren üblich.
Praxisbezug: Umgang mit dem Konfliktcheck im Alltag
Für Mitarbeitende und Berufseinsteigerinnen und -einsteiger ist der Konfliktcheck ein wiederkehrender Arbeitsschritt. Bereits bei der ersten Kontaktaufnahme mit potenziellen Mandanten wird abgefragt, welche Personen oder Unternehmen beteiligt sind. Anschließend erfolgt der Abgleich gemäß den Kanzlei-Vorgaben. Bei Unsicherheiten steht in vielen Kanzleien eine zentrale Ansprechperson zur Verfügung, die bei der Bewertung möglicher Konflikte unterstützt. Die Sensibilität für potenzielle Interessenkollisionen wird durch interne Schulungen und Workshops gefördert.
Im Kanzleialltag bedeutet der Konfliktcheck, bewusst mit Mandatsdaten umzugehen und vor jeder Annahme oder Änderung eines Mandats die Prüfung sorgfältig durchzuführen und zu dokumentieren. Fehlerhafte oder unterlassene Konfliktchecks können zu Reputationsschäden oder sogar Haftungsrisiken führen.
Chancen und Herausforderungen im Kanzleialltag
Chancen
- Sicherstellung der Unabhängigkeit: Der Konfliktcheck hilft, die Unabhängigkeit der Kanzlei zu sichern und Vertrauen bei Mandantschaft und Geschäftspartnern zu festigen.
- Haftungsvermeidung: Ein sorgfältiger Konfliktcheck verhindert Haftungsfälle und schützt vor Konflikten mit Mandanten.
- Vertrauenswürdigkeit: Durch transparente Prozesse stärken Kanzleien das Vertrauen nach innen und außen.
Herausforderungen
- Komplexität in großen Kanzleien: Bei vielen Mandaten, Mitarbeitenden und internationalen Bezügen steigt der Aufwand für den Konfliktcheck.
- Zuverlässige Datenpflege: Der Konfliktcheck ist auf vollständige und aktuelle Mandatsdaten angewiesen. Fehler bei der Datenpflege können zu Lücken führen.
- Zeitdruck: Im Tagesgeschäft kann Zeitdruck die Sorgfalt beeinflussen. Die Einhaltung der Standards muss dennoch gewährleistet werden.
- Technische Umsetzung: Die Einführung und der Betrieb geeigneter Software erfordert Schulung und regelmäßige Pflege.
Häufig gestellte Fragen
Was ist das Ziel eines Konfliktchecks?
Der Konfliktcheck dient dazu, frühzeitig potenzielle Interessenkollisionen zu erkennen und auszuschließen, um die Unabhängigkeit sowie die Einhaltung gesetzlicher und berufsständischer Vorgaben sicherzustellen.
Wann muss ein Konfliktcheck durchgeführt werden?
Ein Konfliktcheck findet vor der Annahme jedes neuen Mandats statt sowie bei Änderung bestehender Mandate oder personellen Wechseln in der Bearbeitung.
Wer ist für den Konfliktcheck zuständig?
Je nach Kanzleigröße und interner Organisation führen Anwaltteams, Kanzleimitarbeitende oder zentrale Stellen den Konfliktcheck durch. Entscheidungsbefugnis liegt häufig bei den verantwortlichen Personen für das Mandat.
Was passiert bei einem festgestellten Interessenkonflikt?
Liegt ein Interessenkonflikt vor, wird das Mandat in der Regel nicht angenommen. In bestimmten Fällen kann eine Bearbeitung mit Zustimmung aller Beteiligten oder unter besonderen Sicherungsmaßnahmen erfolgen.
Welche Rolle spielen digitale Tools beim Konfliktcheck?
Digitale Tools erleichtern die Identifizierung möglicher Konflikte durch automatisierte Suche und strukturierte Datenhaltung. Sie unterstützen insbesondere bei der Prüfung großer Datenbestände und erhöhen die Effizienz.
Dieser Artikel bietet einen kompakten und praxisnahen Überblick zum Thema Konfliktcheck und verdeutlicht, warum dieser Vorgang für einen reibungslosen, transparenten und verantwortungsvollen Kanzleialltag unverzichtbar ist.
Häufig gestellte Fragen
Welche Parteien müssen bei einem Konfliktcheck einbezogen werden?
Beim Konfliktcheck sind grundsätzlich sämtliche natürlichen und juristischen Personen einzubeziehen, die in einem konkreten Mandat als Partei, Gegner, Beteiligte oder auch mittelbar Betroffene in Erscheinung treten könnten. Dazu zählen neben den eigentlichen Mandanten auch Tochterunternehmen, Muttergesellschaften, Schwesterunternehmen oder gegebenenfalls wirtschaftlich Berechtigte im Sinne des Geldwäschegesetzes. Ebenso können Absprachen zu Konsortien, Gesellschaftern oder bestimmten Beteiligtengruppen relevant werden. Ein umfassender Konfliktcheck berücksichtigt auch Treuhänder- oder Vertreterstrukturen, insbesondere wenn die wahre Identität des wirtschaftlichen Interesses nicht offenkundig ist.
Wie ist die Reichweite des Konfliktchecks innerhalb einer Kanzlei zu bestimmen?
Die Reichweite des Konfliktchecks richtet sich nach der Organisation der Kanzlei, dem Zusammenschluss unabhängiger Berufsträger und etwaigen internationalen Verbindungen (z.B. als Teil eines Netzwerks). Maßgeblich ist, ob ein Interessenkonflikt zwischen verschiedenen Mandanten besteht, für die dieselbe Kanzlei oder Gesellschaft-einschließlich ihrer selbständigen und unselbständigen Niederlassungen, gegebenenfalls sogar weltweit-Mandate übernimmt. Dies gilt insbesondere nach § 43a Abs. 4 BRAO sowie § 3 BORA. Bei internationalen Einheiten kann der Konfliktcheck komplexer ausfallen, da nationale und ausländische rechtliche Regelungen zum Berufsrecht und zur Verschwiegenheitspflicht zu berücksichtigen sind.
Welche rechtlichen Folgen hat ein nicht ordnungsgemäß durchgeführter Konfliktcheck?
Ein fehlerhafter Konfliktcheck kann zu erheblichen rechtlichen Konsequenzen führen. Wird eine Interessenkollision festgestellt und ein Mandat dennoch angenommen oder fortgeführt, drohen unter anderem ein berufsrechtliches Verfahren, zivilrechtliche Schadensersatzansprüche oder auch disziplinarrechtliche Maßnahmen. Die Berufshaftpflichtversicherung kann im Schadensfall die Deckung verweigern, wenn ein bewusster Verstoß gegen Berufspflichten nachgewiesen wird. Daneben kann das Vertrauensverhältnis zu den Mandanten und der Öffentlichkeit erheblich beeinträchtigt werden.
Wann muss der Konfliktcheck wiederholt oder aktualisiert werden?
Ein Konfliktcheck ist zu Beginn des Mandatsverhältnisses zwingend durchzuführen; da sich die Sachlage jedoch im Laufe eines Mandats ändern kann-beispielsweise durch den Eintritt neuer Parteien, Umstrukturierungen oder prozessuale Veränderungen-muss der Konfliktcheck regelmäßig überprüft und situationsadaptiert erneut durchgeführt werden. Auch bei der Übernahme neuer Mandate mit möglichen Überschneidungen zu bestehenden Mandaten sollte ein erneuter Konfliktcheck erfolgen, um den fortlaufenden Schutz der Berufspflichten zu gewährleisten.
Wie lange und in welchem Umfang sind Konfliktcheckdaten aufzubewahren?
Die Speicherung der für den Konfliktcheck erhobenen Daten richtet sich nach den berufsrechtlichen und datenschutzrechtlichen Vorgaben, insbesondere gemäß DSGVO und § 50 BRAO. Grundsätzlich sind die Daten mindestens so lange aufzubewahren, wie es für die Erfüllung der Berufspflichten sowie zur Geltendmachung oder Abwehr von Ansprüchen erforderlich ist. Kommt kein Mandatsverhältnis zustande, sind nicht weiter benötigte Daten unverzüglich zu löschen, es sei denn, die Aufbewahrung ist zur Sicherstellung künftiger Konfliktchecks erforderlich. Kommt es zum Mandat, gelten die für Mandatsakten vorgesehenen Aufbewahrungsfristen.
Welche Besonderheiten bestehen bei internationalen Mandaten?
Bei internationalen Mandaten gelten oft unterschiedliche Regelungen zum Berufsrecht und den Standesregeln, insbesondere im Hinblick auf Interessenkonflikte. Es ist zu prüfen, ob die jeweiligen nationalen Vorschriften eine weitergehende oder abweichende Prüfung erfordern. Bei multidisziplinären Kanzleien oder Partnerschaften sind zudem die Regelungen anderer beteiligter Berufsgruppen (z.B. Steuerberater, Wirtschaftsprüfer) zu berücksichtigen. In der Praxis ist es ratsam, bei grenzüberschreitenden Fällen besonders detaillierte Konfliktchecks durchzuführen und gegebenenfalls externe Gutachten oder Stellungnahmen einzuholen.
Inwieweit unterliegen die Informationen aus dem Konfliktcheck der Verschwiegenheitspflicht?
Die im Rahmen des Konfliktchecks erhobenen Informationen unterliegen der anwaltlichen Verschwiegenheitspflicht gemäß § 43a Abs. 2 BRAO und ggf. § 203 StGB. Dies umfasst nicht nur Angaben zu möglichen Mandanten, sondern auch Informationen hinsichtlich tatsächlicher oder potenzieller Gegner, Beteiligter und sonstiger betroffener Personen. Eine Weitergabe der erhobenen Daten an Dritte ist nur mit ausdrücklicher Einwilligung der Betroffenen oder im Rahmen zwingender gesetzlicher Vorschriften gestattet. Datenschutzrechtliche Anforderungen müssen zusätzlich beachtet werden, insbesondere hinsichtlich der Speicherung, Verarbeitung und Löschung sensibler Informationen.