Legal Lexikon

Examensvorbereitung neben der Station


Examensvorbereitung neben der Station

Die Examensvorbereitung neben der Station beschreibt im rechtswissenschaftlichen Kontext jene Phase, in der sich Referendarinnen und Referendare während der sogenannten „Stationsausbildung“ im Rahmen des juristischen Vorbereitungsdienstes gleichzeitig auf das zweite Staatsexamen vorbereiten. Sie stellt eine besondere Herausforderung dar, da die praktischen Verpflichtungen der Station mit dem umfangreichen Lernstoff und den besonderen Anforderungen der schriftlichen und mündlichen Prüfungen kombiniert werden müssen.

Allgemeine rechtliche Grundlagen des juristischen Vorbereitungsdienstes

Zweistufiges und dreistufiges Studium

Der Zugang zu rechtsberatenden Berufen in Deutschland erfolgt in der Regel über ein zweistufiges universitäres Studium, bestehend aus dem ersten Staatsexamen und dem anschließenden Referendariat. Das Referendariat schließt mit dem zweiten Staatsexamen ab, das zur Zulassung zu traditionellen rechtsberatenden Tätigkeiten berechtigt.

Normative Regelungen zur Ausbildung

Die Regelungen zu Organisation, Durchführung und Inhalt des Referendariats einschließlich der Examensvorbereitung neben der Station obliegen den jeweiligen Landesjustizverwaltungen. Maßgeblich sind unter anderem die Juristenausbildungsgesetze (JAG) der Bundesländer, die Ausbildungs- und Prüfungsordnungen für Juristen (JAPO) sowie zugehörige Verwaltungsvorschriften.

Struktur und Ablauf der Stationen im Referendariat

Stationen im Überblick

Das Rechtsreferendariat unterteilt sich in verschiedene Stationen (Zivilrechtsstation, Strafrechtsstation, Verwaltungsstation, Anwaltsstation und Wahlstation), jeweils begleitet von Unterrichtsveranstaltungen (Arbeitsgemeinschaften) und praktischer Ausbildung bei einer Ausbildungsstelle. Im Verlauf dieser Stationen beginnt regelmäßig die Examensvorbereitung, meist ab der Anwaltsstation.

Examensvorbereitung während der praktischen Tätigkeit

Die Ausbildungspläne der Stationen sind darauf ausgerichtet, Referendarinnen und Referendaren neben der praktischen Tätigkeit Freiräume für die Examensvorbereitung einzuräumen. Dies ist explizit in zahlreichen landesrechtlichen Vorschriften anerkannt. Beispielsweise berechtigen § 35 Abs. 2 JAG NRW oder § 54 Abs. 2 JAPO Bayern ausdrücklich zur „selbstständigen Unterrichtsvorbereitung und Examensvorbereitung“.

Rechtliche Möglichkeiten und Grenzen der Examensvorbereitung neben der Station

Anspruch auf Freistellungen und Lernzeiten

Referendarinnen und Referendare besitzen nach Maßgabe der jeweiligen Ausbildungs- und Prüfungsordnungen Anspruch auf bestimmte Zeiten der Freistellung von der praktischen Tätigkeit für die Examensvorbereitung. Diese Zeiten variieren je nach Bundesland.

Beispiel Nordrhein-Westfalen: Die Anwaltsstation umfasst rund neun Monate, wovon üblicherweise vier Monate als sog. „Freistellung zur Examensvorbereitung“ dienen (§ 35 Abs. 2 JAG NRW). In dieser Zeit sind die Anforderungen an die Anwesenheit in der Ausbildungsstelle reduziert.
Beispiel Bayern: Hier besteht ein Anspruch auf ein „Examensrepetitorium“ im Umfang von mindestens dreieinhalb Monaten innerhalb der Anwaltsstation (§ 54 Abs. 2 JAPO Bayern).

Vereinbarkeit mit Ausbildungsverpflichtungen

Die Wahrnehmung der Freistellungen unterliegt rechtlichen Rahmenbedingungen. Die Ausbildungsstelle ist über zeitliche Planungen zu informieren, und die Ausbildung soll durch die Examensvorbereitung nicht wesentlich beeinträchtigt werden. Die praktische Arbeit in der Station muss weiterhin den erforderlichen Ausbildungsumfang gewährleisten.

Recht auf Examensvorbereitung ohne Entgeltverlust

Referendarinnen und Referendare befinden sich während der Station in einem öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis nach dem jeweiligen Landesrecht. Während der Freistellungszeiten ruhen nur die Ausbildungspflichten, das Unterhaltsgeld wird weiterhin gezahlt.

Examensvorbereitung neben der Station und arbeitsrechtliche Aspekte

Arbeitszeit- und Fehlzeitenregelungen

Während der Examensvorbereitung gelten spezifische Regelungen über Anwesenheit, Arbeitszeit und Fehlzeiten. Die tägliche Verpflichtung, an der Ausbildungsstelle anwesend zu sein, kann in den Freistellungszeiträumen entfallen oder reduziert sein. In manchen Ländern kann ein schriftlicher Antrag auf Teilzeitarbeit oder flexible Tagesgestaltung gestellt werden.

Schutzrechte, Gleichbehandlung und Benachteiligungsverbote

Die rechtlichen Regelungen sollen sicherstellen, dass alle Referendarinnen und Referendare gleichermaßen Zugang zu ausreichenden Freistellungszeiten haben. Diskriminierungsverbote aus dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) sind wie im sonstigen öffentlichen Dienst zu beachten.

Auswirkungen auf die Prüfungszulassung und Organisation der Prüfungsphase

Anmeldung zum zweiten Staatsexamen

Die Teilnahme an der Examensprüfung bedingt das ordnungsgemäße Absolvieren der Ausbildungsstationen. Die Freistellung zu Zwecken der Examensvorbereitung berührt die Prüfungszulassung regelmäßig nicht, sofern die Anwesenheits- und Meldepflichten eingehalten wurden.

Prüfungsrechtliche Garantien

Referendarinnen und Referendaren steht grundsätzlich ein Anspruch auf faire Ausbildung und chancengleichen Zugang zur Prüfung zu. Die rechtliche Ausgestaltung der Examensvorbereitung neben der Station trägt dazu bei, die objektive Vorbereitung auf das zweite Staatsexamen trotz praktischer Ausbildungsverpflichtungen zu ermöglichen.

Literatur, Rechtsprechung und weiterführende Hinweise

Die rechtlichen Besonderheiten der Examensvorbereitung neben der Station sind Gegenstand zahlreicher landesrechtlicher Ausführungsregelungen und Runderlasse. Auch verwaltungsgerichtliche Entscheidungen zu Umfang und Gestaltung der Freistellung existieren (beispielsweise VG München, Urteil v. 12.11.2010 – M 16 K 09.6232). Standardwerke im Bereich der Ausbildungs- und Prüfungsordnungen bieten vertiefte Erläuterungen.


Zusammenfassung: Die Examensvorbereitung neben der Station ist im deutschen Vorbereitungsdienst für angehende Rechtsanwender ein gesetzlich anerkannter Ausgleich zwischen praktischer Tätigkeit und Prüfungsanforderungen. Ihr rechtlicher Rahmen gewährleistet unter Berücksichtigung landesspezifischer Regelungen Freistellungen, Schutzrechte und Chancengleichheit für die erfolgreiche Absolvierung des zweiten Staatsexamens.

Häufig gestellte Fragen

Wie müssen Stationsverpflichtungen und Examensvorbereitung rechtlich in Einklang gebracht werden?

Eine Examensvorbereitung während der Referendariatsstation stellt stets eine Herausforderung dar, da beide Bereiche sowohl zeitlich als auch inhaltlich hohe Anforderungen an die Referendarin bzw. den Referendar stellen. Rechtlich gesehen hat der Pflichtverteiler Vorrang: Die Teilnahme an den Ausbildungsveranstaltungen – sowohl in den jeweiligen Stationen (z. B. Zuweisungsstelle, Arbeitsgemeinschaften) als auch an den Pflichtsitzungen – ist grundsätzlich verpflichtend. Unentschuldigtes Fernbleiben kann als Dienstpflichtverletzung geahndet werden, mit möglichen Konsequenzen bis hin zu disziplinarischen Maßnahmen oder Anrechnung von Fehltagen. Vorbereitungszeit für das Examen, insbesondere im Eigenstudium, ist damit zunächst dem dienstlichen Interesse nachgeordnet. Allerdings gehen die Ausbildungsordnungen der Länder teilweise auf die Vereinbarkeit ein und ermöglichen auf Antrag die zeitweise Freistellung oder Reduzierung von Tätigkeit, insbesondere während der schriftlichen Examensprüfungen. Eine solche Freistellung bedarf jedoch meist einer Antragstellung und Genehmigung durch die Ausbildungsleitung (§ 38 Abs. 1 JAG NRW; vergleichbare Regelungen existieren in anderen Bundesländern). Eine prinzipielle Freistellung zur Examensvorbereitung ist gesetzlich nicht vorgesehen, entsprechende Wünsche sollten daher frühzeitig mit der Ausbilderin/dem Ausbilder abgestimmt werden und ggf. auf Kulanz basieren.

Gibt es einen Anspruch auf Freistellung für die Examensvorbereitung außerhalb der Prüfungstage?

Eine ausdrückliche Freistellung für die allgemeine Examensvorbereitung abseits der Examenstermine ist grundsätzlich nicht im Juristenausbildungsgesetz (JAG) oder in den entsprechenden Verordnungen der Länder vorgesehen. Lediglich für die tatsächlichen Prüfungstage sowie häufig für einen genau definierten Zeitraum (z. B. die Woche der Klausuren) besteht in der Regel ein gesetzlicher Freistellungsanspruch (s. z. B. § 14 Abs. 3 JAG NRW). Im Übrigen bleibt es bei der Pflicht zur Arbeitsleistung in der jeweiligen Station. Ausbilderinnen und Ausbilder können jedoch im Rahmen ihres Ermessens Entscheidungsspielräume nutzen und auf Antrag zusätzlichen Freiraum gewähren, zum Beispiel durch flexible Arbeitszeitmodelle oder individuelle Absprachen (bspw. Reduktion von Präsenzzeiten gegen Erbringung von Arbeitsnachweisen). Diese „Freiräume“ sind jedoch nicht rechtlich einklagbar, sondern basieren auf Goodwill und Einvernehmen mit der zuweisenden Stelle.

In welchem Umfang dürfen Arbeitsgemeinschaften für die Examensvorbereitung verpasst werden?

Die regelmäßige Teilnahme an Arbeitsgemeinschaften ist nach den geltenden Ausbildungsordnungen verpflichtend (§ 38 JAG NRW; vergleichbare Regelungen in anderen Bundesländern). Ein Versäumnis kann nur in Ausnahmefällen (Krankheit, wichtige unaufschiebbare Gründe) entschuldigt werden. Die objektive Vorbereitung auf das Examen gilt nicht als wichtiger Grund für wiederholtes Fernbleiben. Eine dauerhafte oder wiederholte Nichterfüllung der AG-Pflicht kann als Dienstpflichtverletzung gewertet werden und führt im Extremfall zur Kürzung der Stationszeiten oder zu einem Ausschluss von der Prüfung. Wer Teilnahmepflichten verletzt, muss mit dienstaufsichtsrechtlichen Konsequenzen rechnen. Es empfiehlt sich frühzeitig mit der/den AG-Leitung(en) Kontakt aufzunehmen, um bei unvermeidbaren Terminüberschneidungen individuelle Lösungen zu erarbeiten.

Welche Rechte bestehen bezüglich Urlaub oder Sonderurlaub zur Examensvorbereitung?

Grundsätzlich haben Referendarinnen und Referendare einen Anspruch auf Erholungsurlaub in analoger Anwendung des Beamtenrechts (z. B. 29 Arbeitstage pro Jahr nach § 5 Abs. 1 EUrlV NRW). Dieser Urlaub ist auf die Zeit der Examensvorbereitung anrechenbar, sofern er rechtzeitig beantragt und genehmigt wird. Ein darüber hinausgehender Anspruch auf Sonderurlaub für die intensive Klausurvorbereitung existiert regelmäßig nicht, abgesehen von speziellen Regelungen wie Krankheitsfällen, familiären Notlagen oder bestimmten Prüfungstagen (vgl. § 14 Abs. 3 JAG NRW). In begründeten Ausnahmen kann die Ausbildungsleitung auf Antrag Sonderurlaub oder Arbeitsbefreiung gewähren; dies erfordert in der Regel stichhaltige Begründungen und Nachweise.

Welche rechtlichen Vorgaben bestehen zur Nutzung dienstlicher Ressourcen (z. B. Literatur, Büroräume) bei privater Examensvorbereitung?

Die Nutzung dienstlicher Ressourcen richtet sich nach den jeweils geltenden Hausordnungen und Verwaltungsvorschriften der jeweiligen Ausbildungsbehörde bzw. Station. Grundsätzlich ist die Nutzung von Arbeitsplätzen, Bibliotheken und ausgewiesener Fachliteratur im Rahmen der dienstlichen Tätigkeit auch für begleitende, examensrelevante Recherchen gestattet, da die Ausbildung auf das Bestehen des Staatsexamens abzielt. Allerdings ist eine ausschließliche oder überwiegende Nutzung dienstlicher Mittel für die rein private Examensvorbereitung regelmäßig untersagt. Wer z. B. längere Zeit ausschließlich für private Skripten oder Klausurvorbereitung im Dienstgebäude verweilt, riskiert eine Abmahnung oder andere dienstrechtliche Konsequenzen. Empfehlenswert ist eine vorherige Abstimmung mit der jeweiligen Stationsleitung.

Können arbeitsrechtliche Konsequenzen bei Schwerpunktsetzung auf die Examensvorbereitung erfolgen?

Das Übergewicht der Examensvorbereitung zu Lasten der Stationsverpflichtungen kann rechtlich als Pflichtverletzung gewertet werden. Wenn die ordnungsgemäße Erledigung dienstlicher Aufgaben, die regelmäßige Teilnahme an AGs oder die Einhaltung der Dienstzeiten darunter nachweislich leiden, können Folgen von der Ermahnung, Dokumentation im Personalakt, Kürzung der Station bis hin zu Disziplinarmaßnahmen reichen. Die Bewertung erfolgt nach Einzelfall und Ermessen der Ausbildungsstellen. Wer anzeigt, Prüfungsstress, Krankheit oder Überforderung zu haben, sollte frühzeitig das Gespräch mit Vorgesetzten suchen, da unentschuldigtes Fernbleiben und eigenmächtige Umgestaltung der Arbeitszeiten rechtlich als schwerwiegender angesehen werden als offene Kommunikation.

Welche rechtlichen Erwägungen gelten bei der Teilnahme an privaten oder kommerziellen Klausurenkursen während der Station?

Die Teilnahme an privaten oder kommerziellen Repetitorien und Klausurenkursen außerhalb der stationsgebundenen Aus- und Fortbildungsangebote ist während der dienstlichen Kernzeiten in der Regel nicht gestattet. Diese Kurse müssen außerhalb der stationären Arbeitszeiten, also in der Freizeit, wahrgenommen werden. Eine Freistellung zu diesem Zweck ist rechtlich nur nach Genehmigung durch den/die Ausbilder/in möglich und auf Ausnahmefälle (z. B. Überschneidung mit Pflichtklausuren, nachgewiesene Unabdingbarkeit) beschränkt. Im Übrigen besteht kein Rechtsanspruch, sodass eine Teilnahme an solchen Kursen nie die Erfüllung der Dienstpflichten beeinträchtigen darf. Andernfalls kann dies arbeits- und dienstrechtliche Maßnahmen nach sich ziehen.